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Moraltheologe warnt vor Gefahren einer Neuregelung der Organspende - Bonner Professor Jochen Sautermeister: Widerspruchslösung wäre Paradigmenwechsel

Köln (ots)

Der Moraltheologe Jochen Sautermeister warnt vor Gefahren und überzogenen Erwartungen bei einer Gesetzesänderung zur Organspende in Deutschland. Die Bundesratsinitiative Nordrhein-Westfalens und weiterer Bundesländer, die sogenannte Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz festzuschreiben, sei zweifelsohne hochzuschätzen, schreibt der Professor der Universität Bonn im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe). "Die Widerspruchslösung ist aber nicht nur eine Frage der Medizin und gesetzlicher Bestimmungen. Sie betrifft wesentlich auch unser gesellschaftliches und politisches Miteinander - und das sollte unbedingt mitbedacht werden."

Die Widerspruchslösung sieht vor, dass alle Bürgerinnen und Bürger nach dem Tod als potenzielle Organspender gelten, wenn sie dem nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen haben. Sautermeister spricht von einem "Paradigmenwechsel in der deutschen Transplantationspolitik". Während im medizinischen Kontext die "informierte Zustimmung" als Ausdruck der Patientenautonomie ein zentrales rechtliches und moralisches Prinzip sei, solle im Falle der postmortalen Organspende mit der Widerspruchslösung "das Vorzeichen geändert werden". Ausdrücklich zu artikulieren wäre dann die Ablehnung, nicht die Zustimmung. "Dies steht jedoch nicht nur in Spannung zur ethischen Qualität der Organspende als Akt der Nächstenliebe, für den ein Mensch sich bewusst entscheidet, sondern auch zum Grundsatz der informierten Zustimmung in der Medizin. Die rechtliche Logik würde im deutschen Transplantationsgesetz mit der Widerspruchslösung also umgekehrt, die ethische Qualität der Organspende träte in den Hintergrund." Niemand habe ein Anspruchsrecht auf Organe eines Menschen nach dessen Tod. "Und dementsprechend braucht sich niemand dafür zu rechtfertigen, postmortal keine Organe spenden zu wollen", betont Sautermeister.

Unbedingt zu vermeiden sei, dass die Einführung der Widerspruchslösung politisch instrumentalisiert würde. "Es ist der Gefahr zu wehren, dass manche dies als Chance nutzen könnten, Misstrauen gegen einen scheinbar übergriffigen Staat zu säen, der den einzelnen Bürger und seine Interessen überginge, oder es als ersten Schritt ansähen, dass der Staat sein Recht zum Eingriff in den menschlichen Körper noch weiter ausdehnt."

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