Neue Presse Hannover: Hartz IV - Bürokraten, die krank machen Ein Kommentar von Anja Schmiedeke
Hannover (ots)
Sie haben offenbar sonst nichts Besseres zu tun, die Mitarbeiter der Jobcenter. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt, die Wirtschaft läuft immer noch gut - aber offene Stellen gibt es derzeit nicht mehr so viele. Was also tun? Man könnte sich kümmern, Menschen qualifizieren, Auswege aus der Langzeitarbeitslosigkeit weisen. Aber das wäre natürlich wirklich schwierig. Leichter ist es, den Druck auf die Kundschaft zu erhöhen und, sagen wir mal, die Krankmeldungen zu prüfen. Man muss zwar eine zynische Bürokratenseele sein, um auf so eine Idee zu kommen - aber, na ja, wir reden von der Arbeitsmarktverwaltung. Die Mitarbeiter sind Kummer gewohnt, und Hartz-IV-Empfänger haben ohnehin einen schlechten Ruf - wehren gegen die Schweinerei können sie sich nicht. Also, ich könnte verstehen, wenn dieses Misstrauen die Betroffenen krank machen würde. So richtig mit Depressionen, Herzbeschwerden, Bandscheibenvorfällen und allem Drum und Dran. Nur: Genau das passiert ja schon. Seit Jahren sind Arbeitslose die Gruppe der Bevölkerung mit den meisten Krankmeldungen und dem höchsten Medikamentenkonsum. Arbeitslosigkeit macht krank, Hoffnungslosigkeit macht krank, die Entwertung der eigenen Person macht krank. Fällt es Arbeitslosen leichter, zum Arzt zu gehen? Vielleicht, weil sie mehr Zeit haben. Aber man sollte Ärzten besser nicht unterstellen, aus Gefälligkeit Krankmeldungen auszustellen. Und warum sollten sie das auch tun? Die Kontrolloffensive der Jobcenter wird ausgehen wie das Hornberger Schießen. Nicht nur, weil den Sachbearbeitern der medizinische Sachverstand fehlt, Simulanten zu entdecken. Die Offensive wird scheitern, weil sie an dem tatsächlichen Problem Lichtjahre vorbeigeht.
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