Das Erste
"Menschen bei Maischberger" am Dienstag, 12. April 2011, 22.45 Uhr im Ersten
München (ots)
Das Thema:
"Deutsche Arbeitnehmer: Verwöhnt oder versklavt?"
Zu Gast: Norbert Blüm (Ex-Bundesarbeitsminister) Heather de Lisle (Journalistin und TV-Moderatorin) Helmut Naujoks (Rechtsanwalt) Christina Frank (Gewerkschaftssekretärin) Tina Voß (Zeitarbeits-Unternehmerin) Peter Hintermeier (Leiharbeiter) Norbert Blüm In seinem neuen Buch "Ehrliche Arbeit" rechnet der frühere Bundesminister mit der modernen Arbeitswelt ab. Es sei kein Wunder, dass psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz zunähmen: Gesicherte Arbeitsplätze würden "dem Goldenen Kalb der Flexibilität" geopfert. Ein Drittel der jungen Leute hätten noch nie einen festen Arbeitsvertrag gehabt. Der gelernte Werkzeugmacher ruft zum Kampf gegen die Leiharbeit auf. Diese sei "erstens Erpressungsinstrument, zweitens Lohndrückerei und drittens Drehtür zwischen Arbeit und Arbeitslosigkeit", sagt Norbert Blüm. Heather de Lisle Die amerikanische Journalistin und TV-Moderatorin ist überzeugt, dass die strengen Arbeitsmarktregeln in Deutschland Jobs vernichten. Unternehmern würde es unmöglich gemacht, nutzlose Angestellte zu feuern. Der Staat solle sich komplett aus dem Arbeitsmarkt heraushalten: "Ich will entscheiden, wen ich einstelle und wen ich entlasse", sagt Heather de Lisle, die vom Grundsatz überzeugt ist: "Lieber Jobs mit Dumpinglöhnen als Arbeitslosigkeit." Helmut Naujoks "In Deutschland gibt es keine unkündbaren Arbeitnehmer", sagt der Rechtsanwalt für Arbeitsrecht, der aus Überzeugung "konsequent und ausschließlich" Arbeitgeberinteressen vertritt. Insbesondere Betriebsräte würden ihre Macht häufig zu ihrem Vorteil missbrauchen und Mitarbeiter gezielt zur Schädigung der Arbeitgeber aufrufen. "Arbeitnehmer sind nicht immer Opfer, sondern oft auch Täter", sagt Helmut Naujoks. Christina Frank "Bizarre Arbeitsverträge", Schikanen gegen Betriebsräte, Arbeiten bis zum Zusammenbruch: Die ver.di-Gewerkschafterin kritisiert einen zunehmenden Rechteverlust von Arbeitnehmern. Besonders betroffen seien die Leiharbeiter, die nichts anderes als "moderne Sklavenarbeiter" seien. Anwälten wie Helmut Naujoks wirft Christina Frank vor, mit brutalen Mitteln Arbeitnehmer aus dem Job zu drängen. Tina Voß "Wir vermitteln Zeitarbeiter in Firmen, die sie sonst nie kennengelernt hätten. Sie erlernen ständig neue Qualifikationen und finden so ihren Traumjob", sagt die Gründerin und Geschäftsführerin einer Zeitarbeitsfirma, die über 400 Mitarbeiter betreut. Tina Voß ist überzeugt, dass Zeitarbeit zu Unrecht an den Pranger gestellt wird. "Bis zu 50 Prozent unserer Mitarbeiter werden direkt aus ihrem Zeitarbeitseinsatz in eine Festanstellung übernommen." Peter Hintermeier Der Gas- und Wasserinstallateur ist seit 15 Jahren Leiharbeiter: "Ich nenne mich lieber Mietarbeiter, denn Zeitarbeiter ist zu vornehm. Mein Arbeitgeber vermietet mich und bekommt dafür Geld - ich muss also zwei Arbeitgeber ernähren, die an mir verdienen. Für mich bleiben 8,84 Euro die Stunde." Der Handwerker aus Thüringen ist oft in Westdeutschland auf Montage: "Wenn nachmittags angerufen wird, muss ich am nächsten Morgen weg. Man fühlt sich wie ein Mensch zweiter Klasse."
"Menschen bei Maischberger" ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD, hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH. (Redaktion: Carsten Wiese)
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