Das Erste: "ttt - titel thesen temperamente" am 1. Mai 2011
München (ots)
"ttt" kommt am Sonntag, 1. Mai, um 23.05 Uhr vom Norddeutschen Rundfunk und hat folgende Themen: 1. "Arabischer Frühling" - Tahar Ben Jellouns Blick auf die Revolutionen in Nordafrika 2011 ist das Jahr, in dem die Menschen in den arabischen Ländern auf die Straße gehen, gegen Ungerechtigkeit, Willkür und staatlichen Terror protestieren. "Kifaya" ist eine ihrer Losungen; das arabische Wort für "Es reicht!". Und tatschlich reicht es den Menschen in Ägypten, Tunesien, Libyen, Syrien und Marokko - sie wollen nicht mehr hinnehmen, wie sie tagtäglich behandelt werden, sie kämpfen um bürgerliche Freiheiten und für die Autonomie des Einzelnen. Nordafrika erlebt gerade seinen "arabischen Frühling". So sieht es zumindest Tahar Ben Jelloun, einer der wichtigsten Autoren der französischsprachigen Literatur des Maghreb. Nichts wird mehr sein wie zuvor, weder in der arabischen noch in der westlichen Welt - da ist sich der gebürtige Marokkaner sicher. In seinem Band "Arabischer Frühling - vom Wiedererlangen der arabischen Würde" analysiert er die Revolutionen der nordafrikanischen Staaten. "ttt" trifft den Schriftsteller exklusiv in Paris und spricht mit ihm über die aktuellen Entwicklungen. 2. Revolution von Rechts - Ungarn im Kulturkampf In Ungarn tobt ein Kulturkampf: von der Regierung initiiert und befördert, Oppositionelle sprechen schon von "Säuberung". Tatsächlich scheint der mit Zwei-Drittel-Mehrheit regierende Fidesz das Land von oben nach unten umzubauen: Die Verfassungsrichter wurden ausgetauscht, die Medien mit einem strengen Gesetz reglementiert und die Verfassung verändert. Es droht das Ende der pluralistischen Gesellschaft: Künstler wie der renommierte Pianist András Schiff werden diffamiert, wissenschaftliche Institute geschlossen oder mit loyalen Parteigängern besetzt. An der Nationaloper gibt es jetzt einen Regierungsbeauftragten, der die "moralischen Maßstäbe" überwacht, während der rechte Publizist und Orban-Freund Zsolt Bayer für seine Hetzschriften mit einem Kulturpreis geehrt wird. "ttt" mit einem Stimmungsbericht aus einem Land im Wandel und über Künstler in Opposition. 3. Heimlich in Auschwitz - Die ungeheuerliche Geschichte eines britischen Kriegsgefangenen Er wollte mit eigenen Augen sehen, was im KZ geschah - um Zeugnis abzugeben. Und so schlich er sich heimlich in Auschwitz ein - nach eigenen Angaben gleich zwei Mal für eine Nacht. Der britische Kriegsgefangene Denis Avey war in einem Lager direkt neben dem KZ Auschwitz III interniert, einem Arbeitslager, in dem die jüdischen Insassen an Mangelernährung litten und sich buchstäblich zu Tode schuften mussten. Dort gab es keine Gaskammern oder Massenerschießungen; doch was der junge Brite bei seinen illegalen Aufenthalten sah, verschlug ihm die Sprache für sehr, sehr lange Zeit. Erst jetzt, im Alter von 92 Jahren, veröffentlicht er seine unglaubliche Geschichte als Buch: "Der Mann, der ins KZ einbrach". Seine Schilderungen stützen die bekannten historischen Fakten. Aber es gibt keine Beweise für Denis Aveys Tun - sondern erhebliche Zweifel. "ttt" spricht mit dem Kriegsveteran über seine erstaunliche Geschichte und recherchiert in der Forschungsstelle von Auschwitz. 4. "Mitten im Sturm" - Die Lebensgeschichte der Dichterin Eugenia Ginzburg als Spielfilm 1937 wird die bis dahin privilegierte Literaturprofessorin Eugenia Ginzburg aufgrund von absurden Anschuldigungen verhaftet. Die Geheimpolizei NKWD wirft ihr die Mitgliedschaft in einer trotzkistischen Organisation vor. Ginzburg bleibt sich auch unter Folter treu, beharrt auf ihrer Unschuld. Mit schlimmen Folgen: Ein Gericht verurteilt sie zu zehn Jahren Zwangsarbeit im sibirischen Gulag. Die Kraft, all das durchzuhalten, findet sie in der Literatur und der Liebe zu dem deutschen Lagerarzt Anton Walter. Der Kinofilm "Mitten im Sturm" (Start: 5. Mai) erzählt ergreifend diese wenig bekannte Lebensgeschichte, mit Emily Watson und Ulrich Tukur in den Hauptrollen. "ttt" spricht mit Eugenia Ginzburgs Adoptivtochter Antonina und dem Schauspieler Ulrich Tukur über das Leben der Dichterin und den Terror des Stalinismus. 5. Wie wir verschwinden - Wie der chinesische Künstler Liu Bolin mit seinen Bildern verschmilzt Eigentlich sind seine Fotografien Suchbilder. Denn wer nur einen flüchtigen Blick auf die Bilder des Chinesen Liu Bolin wirft, wird zunächst wenig Spektakuläres entdecken. Ein Getränkeregal, ein leerer Zuschauerraum oder ein großer Bagger. Doch wer genauer hinguckt, traut seinen Augen nicht: In all diesen Bildern steht Liu Bolin - kaum erkennbar, da er sich vorher stundenlang so anmalt, dass er fast perfekt mit dem Hintergrund verschmilzt. Was zunächst wie Spaß-Kunst wirkt, ist weit mehr: Liu Bolins Fotografien erzählen vom Kampf um individuelle Freiheit, um Bürgerrechte, Umweltverschmutzung und der Angst, einfach zu verschwinden. ttt trifft den Künstler in seinem Atelier in Peking. Moderation: Evelyn Fischer Redaktion: Kathrin Becker, Christine Gerberding, Niels Grevsen, Florian Müller
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