Peer Steinbrück über Angela Merkel in der Euro-Krise: "Ich hatte Mitgefühl mit ihr"
Köln (ots)
Der designierte Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, äußert sich überraschend verständnisvoll über das Krisenmanagement der Bundeskanzlerin. In der ARD-Dokumentation "Was macht Merkel? Die Kanzlerin in der Eurokrise" übt Steinbrück aber auch harte Kritik.
Erstmals spricht Peer Steinbrück in der ARD-Dokumentation detailliert und umfassend über das Krisenmanagement der Bundeskanzlerin der vergangenen zwei Jahre. Dass Angela Merkel sich seit einigen Monaten entschlossen für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone einsetzt, hat Steinbrück nach seinen eigenen Worten überrascht: "Ich habe im vergangenen Sommer eine Wette abgeschlossen, dass im Zweifelsfall die Bundesregierung Griechenland fallen lassen würde, um damit innenpolitische Punkte zu machen. Sie würde damit einer verbreiteten Neigung oder Stimmungslage in Deutschland ja durchaus entgegenkommen." Dass die Bundeskanzlerin in einer besonders hektischen Woche im Oktober 2011 einmal kurzfristig die Kontrolle über das Krisenmanagement verlor und mit ihrer Limousine eine Stunde durch Berlin irrte, kann der ehemalige Bundesfinanzminister Steinbrück gut nachempfinden: "Sie stehen vor einer sich unfassbar dramatisch zuspitzenden Situation. Dass Sie da Wirkung zeigen, ist nicht weiter erstaunlich. Insofern gilt in der Situation mein absolutes Mitgefühl der Bundeskanzlerin."
Harte Kritik übt Steinbrück dagegen an Merkels Umgang mit dem damaligen Ministerpräsidenten Griechenlands, Georgios Papandreou. Dieser hatte im November 2011 vor, sein Volk über die Beschlüsse eines EU-Gipfels abstimmen zu lassen. Steinbrück: "Es war eine Situation, in der der arme Mann völlig falsch behandelt worden ist. Denn er suchte die Legitimation für seinen Kurs, und was kann es an besserer Legitimation geben, als das Volk zu fragen. Merkel und Sarkozy haben ihm das ausgeredet. Mit dem Ergebnis, dass anschließend die Verwirrung im politischen System Griechenlands ja nicht beseitigt war." Auch Merkels Engagement für Präsident Nicolas Sarkozy im französischen Wahlkampf empfindet Steinbrück rückblickend als schweren Fehler: "Das war diplomatisch nicht sehr geschickt. Denn es war ja von vornherein nicht ganz ausgeschlossen, dass François Hollande die Wahl gewinnen könnte und dann als französischer Staatspräsident der zukünftige Partner ist. Und der wird sich daran erinnern, wie er vorher behandelt worden ist."
Insgesamt stellt Steinbrück dem Krisenmanagement von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein gemischtes Zeugnis aus: "Ein paar mehr Korsettstangen und Deiche sind eingezogen worden. Das wird man anerkennen müssen. Die Situation ist jedenfalls stabiler durch bestimmte inzwischen verankerte Mechanismen. Aber prinzipiell und umfassend ist diese Euro-Krise nach wie vor nicht gelöst."
Die ARD-Dokumentation "Was macht Merkel? Die Kanzlerin in der Eurokrise" von Stephan Lamby und Michael Wech (im Auftrag von WDR/SWR) wird am kommenden Montag, 10. Dezember, um 22.45 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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