Menschen bei Maischberger am Dienstag, 3. Juni 2014, um 22.45 Uhr
München (ots)
Das Thema:
Unsere liebste Alltagsdroge: Warum brauchen wir Alkohol?
Ex-Radprofi Jan Ulrich verschuldet betrunken einen schweren Autounfall, Fußballnationalspieler Kevin Großkreutz rastet bei einer Party aus. Trotz dieser jüngsten Skandale: Alkohol ist und bleibt der Deutschen liebste Alltagsdroge. Und die Fußball-WM wird auf Fanmeilen und in Kneipen die Promillepegel steigen lassen. Auch der gerade erschienene WHO-Bericht über die weltweit dramatischen Folgen von Wein-, Bier- und Schnapskonsum wird daran wohl nichts ändern. Gäste
Uli Borowka (Ex-Fußballprofi und Alkoholiker) Olivia Jones (Drag-Queen, Vater war Alkoholiker) Hannelore und Petra Belschner (besiegten Alkoholsucht) Sebastian Frankenberger, ÖDP (Parteivorsitzender und Anti-Alkoholiker) Kathrin Meyer (leitet Familienbrauerei) Christian Rätsch (Ethnopharmakologe)
Uli Borowka
Der Ex-Nationalspieler verheimlichte jahrelang sein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker. 388 Bundesliga-Spiele absolvierte er, feierte mit Werder Bremen Triumphe (Deutscher Meister, Europapokalsieger), doch der Alkohol zerstörte fast sein Leben. "Es war enorm, was ich getrunken habe. Ich hatte ein Tagespensum von einer Kiste Bier, einer Flasche Whiskey, Wodka und obendrauf ein Magenbitter". Erst nach mehreren Monaten stationärer Therapie findet Uli Borowka den Ausstieg aus der Alkoholsucht. Heute ist er seit vierzehn Jahren trocken, engagiert sich in Suchtprävention und Suchthilfe.
Olivia Jones
Die Bilder, wie sie als Kind mit ihrer Mutter den betrunkenen Vater aus der Kneipe abholen musste, haben sich ihr eingebrannt. Heute betreibt Deutschlands bekannteste Travestiekünstlerin selbst drei, bald vier Bars auf St. Pauli, plädiert aber für einen sorgsamen Umgang mit Alkohol und kritisiert Alkoholwerbung. Olivia Jones' Vater starb an den Spätfolgen seiner Sucht.
Hannelore und Petra Belschner
Alles fing mit einem Cognac an: Der Arzt riet Hannelore Belschner, jeden Morgen und Mittag einen Weinbrand zu sich zu nehmen. Schnell glaubte die heute 77-Jährige, ohne Alkohol nicht mehr auskommen zu können. Auf dem Höhepunkt ihrer Sucht trank sie mindestens eine Flasche am Tag. Auch ihre Tochter Petra (57) verfiel dem Alkohol, schon als Jugendliche. Mutter und Tochter fanden ihren ganz eigenen Weg aus der Sucht und leben seither jenseits des Alkoholismus.
Sebastian Frankenberger, ÖDP
"Wer trinkt, schluckt Probleme runter, über die man besser reden sollte", sagt der 32-jährige Passauer. Der Vorsitzende der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP). lebt den Verzicht - keine Zigaretten, kein Fleisch, kein Alkohol - und fordert einen anderen Umgang mit der "Einstiegsdroge Nummer 1". In Bayern verbannte er die Zigaretten aus den Kneipen - jetzt fordert der Antialkoholiker die 0,0-Promille-Grenze im Straßenverkehr, ein Werbeverbot für die Alkoholindustrie und höhere Steuern auf alkoholische Getränke.
Kathrin Meyer
"Bier steht bei uns in Bayern für Geselligkeit, Lebensart, Freizeit und Freundschaft", sagt die Allgäuerin. Ihr Heimatdorf Nesselwang nennt sich stolz "Brauereidorf", die Familienbrauerei existiert seit 1650. "Wenn man Bier in Maßen genießt, ist daran nichts Schlechtes. Man muss es dosieren, wie alles im Leben", glaubt Kathrin Meyer, die täglich mindestens ein Glas Bier trinkt. Nur Alkoholsucht sei eine Krankheit, die behandelt werden müsse. Von Verboten hält die 36-Jährige nichts: "Die machen den Reiz doch noch viel größer, etwas auszuprobieren."
Christian Rätsch
Alkohol sei gefährlicher als Kokain und Heroin. Davon ist der Hamburger Ethnopharmakologe überzeugt. Der "Drogen-Guru" ("Spiegel") gilt als Grenzgänger zwischen Wissenschaft und Esoterik, seine 900 Seiten umfassende "Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen" als Standardwerk. "Alkohol greift nahezu alle Organe an und macht unproduktiv, schläfrig, teilnahmslos". Nichts anderes füge dem Körper so viel Schaden zu, behauptet Dr. Christian Rätsch, der in Selbstversuchen viele Drogen ausprobiert hat.
Redaktion: Carsten Wiese
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