"Menschen bei Maischberger" am Dienstag, 3. März 2015, um 23.15 Uhr
München (ots)
Das Thema:
Die Psychotricks der Gurus: Glauben, Glück, Gehirnwäsche?
Ein Leben ohne Ängste oder die Aussicht auf göttliche Liebe: Was Sektengurus versprechen, klingt oft verlockend. Ihre Anhänger vertrauen ihnen blind, gehorchen selbst absurden Anweisungen, unterziehen sich freiwillig einer Gehirnwäsche. Was passiert aber, wenn man sich von autoritären Lehren lossagt, wenn man erkennt, dass der angebliche Königsweg in ein besseres Leben ein Irrtum war? Wie schwer sind der Ausstieg und die Rückkehr in den Alltag?
Gäste:
Gitta Saxx (Model und Guru-Opfer) Judith Mühlbacher (wuchs in urchristlicher Sekte auf) Maria Diederichs (ehem. Otto Muehl-Kommunardin) Sascha Erdmann (Sektenaussteiger) Dieter Rohmann (Psychologe)
Gitta Saxx
Es begann ganz harmlos: weil sie oft heftige Kopfschmerzen quälten, suchte das Model Hilfe bei einem selbst ernannten "Reiki-Meister". Er versprach ihr Hilfe und Schutz in allen Lebenslagen: "Doch nach kurzer Zeit wurde daraus Gehirnwäsche im Turbogang. Bald kontrollierte er mein gesamtes Leben", so Gitta Saxx. Immer höhere Geldforderungen ihres "Gurus" trieben das Model in den finanziellen Ruin. Erst als sie nach acht Jahren völlig überschuldet auch noch ihre Wohnung verlor, kommt Gitta Saxx von ihrem Guru los.
Judith Mühlbacher
Sie war ein zweijähriges Kind, als ihre Eltern sich einer strengen urchristlichen Glaubensgruppe anschlossen, die nach den Lehren eines neuen Propheten lebte. "Ab diesem Zeitpunkt war ich nicht mehr ihr Kind, sondern Kind der Gemeinschaft", erzählt die heute 35-Jährige. Über 20 Jahre blieb sie in der Sekte. "Auch körperliche Bestrafungen, um den Willen zu brechen, gab es", berichtet Judith Mühlbacher. Als die Glaubensgruppe ihre Verlobung mit einem anderen Mitglied auflöst, entscheidet sich Judith Mühlbacher für den Ausstieg.
Maria Diederichs
Ende der siebziger Jahre wurde die Hamburgerin Mitglied der so genannten "AAO" (Aktionsanalytische Organisation). Die berühmte Kommune um den österreichischen Künstler Otto Muehl proklamierte freie Sexualität, gemeinsames Eigentum und das Ende von der Familie. "Ich habe fest an dieses alternative Lebensmodell geglaubt", sagt die heute 60-Jährige. 1991 wurde Otto Muehl zu sieben Jahren Haft wegen Kindes- und Drogenmissbrauch verurteilt. Die Kommune zerbrach. Heute sagt Maria Diederichs: "Es war eine Sekte und Otto Muehl ein Guru. Irgendwann ist er abgehoben. Irgendwann dachte er, er ist Gott. Das war sein Verhängnis."
Sascha Erdmann
27 Jahre lang, seit seiner Geburt, stand der erfolgreiche Fotograf unter dem psychischen Druck einer religiösen Kleingruppe, die ein ehemaliger Pastor und seine Frau aufgebaut hatten. Sie behaupten, in Briefen Botschaften von Gott zu erhalten. Systematisch werden die Mitglieder ihrer Gruppierung auf diese Weise gelenkt. "Wenn ich Kontakt nach außen hatte, stand in den Briefen, dass die dunkle Seite Gottes mich vereinnahmt hatte. Mir wurde gedroht, dass Gott mich loslässt." Ungewöhnlich: Die Sekte leitet ein erfolgreiches Medienunternehmen. Erst vor zwei Jahren erkannte Sascha Erdmann die dahintersteckende Manipulation und verließ die Gruppe. Dieter Rohmann Seit Jahrzehnten betreut der Psychologe Sektenaussteiger. Mittlerweile hätten kleine Gruppen rund um Heiler, Meister und Heilpraktiker die großen Sekten abgelöst. Die Arbeitsweise sei jedoch die gleiche: "Angst ist während der Zugehörigkeit ein ständiger Begleiter, denn mit Angst und Schuld werden die Mitglieder hörig und unterwürfig gehalten", erklärt Dieter Rohmann. Seine Klienten seien oft "Menschen mittleren Alters, nicht selten mit Hochschulabschluss, die mit einer schwierigen Lebenssituation nicht klar kommen."
Redaktion: Klaus Michael Heinz (WDR)
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