SAT.1-Interview mit dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden am Samstag, 12. August 2000 um 17.30 Uhr
Friedrich Merz: Meine Bereitschaft zu einem NPD-Verbot nimmt zu
Berlin (ots)
Mit Friedrich Merz, dem CDU/CSU-Fraktionschef im Deutschen Bundestag setzen die SAT.1-Nachrichten am Samstag, 12. August 2000 um 17.30 Uhr, ihre Interview-Reihe mit bundesdeutschen Spitzenpolitikern während der parlamentarischen Sommerferien fort. SAT.1-Chefredakteur Jörg Howe und Hans Schregelmann (Leiter der Parlamentsredaktion) trafen sich zum Gespräch mit Friedrich Merz in der SAT.1-Nachrichtenzentrale in Berlin.
Vorab einige O-Töne aus dem heute aufgezeichneten Interview.
SAT.1: Soll die NPD verboten werden?
Friedrich Merz: "Ich werbe dafür, dass wir ein ausländerfreundliches Land bleiben und dass Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland anständig behandelt werden - was nicht immer der Fall ist, auch von deutschen Behörden nicht. Ich werbe sehr dafür, dass wir auch nach außen hin, klar und deutlich als Vertreter der demokratischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland uns gegen diese Exzesse des Ausländerhasses zur Wehr setzen. Deswegen muss über die Frage gesprochen werden, wie wir mit den Gruppen umgehen, die gegenwärtig als Schlägertrupps in der Bundesrepublik Deutschland fast täglich in Erscheinung treten. Diese Leute schaden unserem Land, mal ganz abgesehen davon, dass dieser Umgang mit den Ausländern völlig inakzeptabel ist. Die Frage, ob man daraus die Konsequenz zieht, bestimmte Gruppierungen oder gar eine Partei zu verbieten, sollte sorgfältig erwogen werden. Gruppierungen zu verbieten, hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben (...) und war richtig. Eine Partei zu verbieten stellt die entsprechenden Stellen in der Bundesrepublik Deutschland vor relativ hohe Hürden (...) Ich war persönlich auch immer gegen das Verbot linksextremer Parteien. Ich muss allerdings sagen, angesichts der Ereignisse der letzten Tage und Wochen, nimmt bei mir die Überzeugung zu, dass es richtig sein könnte (...) die NPD zu verbieten. Denn anders als bei anderen rechtsextremen Parteien sind bei der NPD (...) diese Schlägertruppen angekommen, die sich früher in verschiedenen Organisationen außerhalb einer Partei zusammengefunden haben. Wenn aber die NPD quasi als Dachorganisation fungiert, (...) und diese radikalen Kräfte bündelt, dann nimmt meine Bereitschaft zu, einem Verbotsantrag zuzustimmen."
SAT.1: Ist das Motto der CDU "Toleranz ja. Ehe nein" in Bezug auf homosexuelle Lebenspartnerschaften noch zeitgemäß?
Friedrich Merz: "Ja. Ich bin schon der Meinung, dass es sehr zeitgemäß ist daran festzuhalten, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen - so steht es in unserem Grundgesetz. Ich glaube aber auch, dass sich die gesellschaftlichen Ansichten auch über das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare in den letzten Jahren verändert haben. Darauf muss die Politik reagieren. Deswegen ist auch das Motto, dass wir gewählt haben, richtig: nämlich Toleranz zu üben. Der Staat darf sich nicht anmaßen (...) zu sagen, in welcher Form Menschen in diesem Staat zusammleben sollen. Das muss den Menschen selbst überlassen werden. Die Frage, welche rechtliche Konsequenzen sich daran binden, ist eine Frage, die der Staat beantworten muss und dort, wo es sich um wirkliche Diskriminierungen handelt (...) muss der Staat einschreiten.(...)
Aber wir wenden uns auch in Zukunft entschieden gegen die Gleichstellung von Lebensgemeinschaften, ob gleichgeschlechtlich oder nicht, mit der Ehe. Die Ehe ist etwas anderes als eine Lebensgemeinschaft, sie ist auf Dauer angelegt. Sie ist darauf angelegt, Kinder zu zeugen, insofern gibt es da einen gravierenden qualitativen Unterschied. Wir werden uns mit aller Kraft gegen die Gleichstellung zur Wehr setzen. Und wir sind gleichwohl einer Diskussion aufgeschlossen, wenn es um Diskriminierung von Lebensgemeinschaften - auch von gleichgeschlechtlichen - geht."
Achtung Radiostationen: Ausgewählte O-Töne des SAT.1-Interviews mit Friedrich Merz können auch über ORS empfangen werden.
Weitere geplante SAT.1-Interviews (Sendetermine):
Edmund Stoiber, Bayerischer Ministerpräsident (9. September 2000), Angela Merkel, CDU-Parteivorsitzende (16. September 2000), Bundeskanzler Gerhard Schröder (26. September 2000)
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