Vorsicht Mahlzeit - Wie uns die Lebensmittelindustrie den Appetit
verdirbt
Spiegel TV-Reportage
Montag, 7. Mai 2001, 23.15 Uhr
Berlin (ots)
BSE, verbotene Arzneien im Schweinefleisch und schließlich auch noch die Maul- und Klauenseuche: Die Liste der Krisen und Skandale um unsere tägliche Nahrung scheint endlos. Und inzwischen weiß kaum noch ein Verbraucher in Deutschland, was er eigentlich gefahrlos essen kann. Die Folge: Der Rindfleischmarkt ist fast zusammengebrochen, auch Schweinefleisch findet immer weniger Kunden. Alle sind auf der Suche nach Alternativen. Der Markt für Geflügel aller Art boomt, denn Fleisch vom Hähnchen oder von der Pute gilt ohnehin als gesünder, vor allem weil es cholesterinärmer ist. Doch wer weiß, unter welchen Bedingungen hierzulande Puten gezüchtet werden, dem vergeht schnell der Appetit: Zusammengepfercht in engen Ställen, in die nie ein Strahl Tageslicht dringt, ohne Auslauf und umgeben von beißendem Ammoniakgeruch, werden die Vögel bis zur Schlachtreife gemästet. Damit die Tiere ihr geplantes Ende überhaupt erreichen, stopft man sie voll mit Antibiotika. Konsumenten kann der häufige "Genuss" dieses Fleisches am Ende sogar resistent machen gegen diverse Medikamente. Aber auch Verbraucher, die ausweichen auf vermeintlich edle Meerestiere, entgehen den fragwürdigen Methoden der Lebensmittelindustrie nicht: Die Garnele zum Beispiel ist als "shrimp" längst der Renner alternativer Speisepläne, sie wird aber keineswegs aus dem Meer gefischt. Gezüchtet in riesigen, stinkenden Teichen vor allem Lateinamerikas und Südostasiens, ist sie längst zur Turbokrabbe verkommen, aufgepäppelt mit zahlreichen Masthilfsmitteln und hohen Dosen diverser Arzneimittel. Ähnliches gilt für Zuchtlachse aus Skandinavien. Neuerdings in Mode gekommen ist Fleisch von hierzulande nicht heimischen Tieren wie Strauß oder Krokodil. Schon können die Importeure derartiger Exoten die Nachfrage nicht mehr befriedigen. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres wurde davon in Deutschland so viel verzehrt wie sonst in einem ganzen Jahr. Doch auch hier stellt sich die Frage: Werden die Exoten mit den gleichen Hilfsmitteln und Arzneien gezüchtet wie herkömmliche Tiere auch? "Spiegel TV"-Autor Ralph Quinke hat nachgeforscht bei Züchtern und Lebensmittelfabrikanten, besuchte eine Messe für industrielle Tierproduktion, sprach mit Ernährungswissenschaftlern, nahm fleischlose Bio-Nahrung unter die Lupe und stellte fest: Lebensmittel aus industrieller Massenproduktion schmecken in der Regel schal oder schlecht und eines sind sie ganz gewiss nicht: gesund. Dem Erfindungsreichtum von Lebensmittelchemikern aber sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Längst haben sie eine Methode kreiert, mit der man den Verbrauchern selbst Abfall noch schmackhaft machen kann: Mit Hilfe von Enzymen werden aus Fleischfetzen schnittfeste Steaks. Der "Genießer" merkt davon nichts.
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