SPIEGEL TV-REPORTAGE am Montag, 25. April 2005, 22.45 Uhr in Sat.1
Berlin (ots)
Ganz normal national
Von den Linken werden sie als "Nationalsozialarbeiter" beschimpft. Die Rechten werfen ihnen Infiltration vor. Die Streetworker von Gangway bewegen sich in Berlin-Treptow in einem Bezirk mit zwei Prozent Ausländeranteil. Fast alle Jugendlichen sind hier irgendwie rechts. Was das genau bedeutet, können viele von ihnen kaum erklären. Probleme haben sie trotzdem. Sie hängen rum, trinken zu viel Alkohol und wissen nicht, was aus ihnen werden soll. Manchmal kommt ein netter Mann von der NPD vorbei und gibt Bier aus. Dann lädt er die Kids zu Demonstrationen oder Versammlungen ein. Endlich was zu tun! Die Streetworker von Gangway versuchen diesen Anwerbungsversuchen zuvorzukommen. Sie bieten den Kids Hilfe an: Bei Ämtergängen, Wohnungssuche und alkoholfreier Freizeitgestaltung. Viele der Mädchen, wie "KW-Jule" zum Beispiel, sind schon früh von zu Hause abgehauen. Auch Jenny zog schon mit sechzehn aus, gesellte sich zu den grölenden Trinkerrunden und lernte rechte Parolen auswendig. Sie übernachtete mal hier und mal da und plötzlich war sie schwanger. Gelandet ist sie im Krankenhaus, weil Jenny sich schlecht ernährt hat und das Baby in ihrem Bauch zu klein ist. "KW-Jule" ist schon Mutter geworden. Ohne die Streetworker könnten beide ihr neues Leben mit Kind kaum organisieren, was ihnen ohne Nachwuchs schon schwer fiel.
Doch es gibt Grenzen: Sobald die Jugendlichen sich einer rechten Organisation anschließen oder auf Demos auftauchen, stellen die Streetworker ihre Hilfe ein. So konnten sie auch "SS-Rico" helfen, der sich mittlerweile von seinen braunen Ex-Kameraden distanziert hat. In den Knast geht er trotzdem, sein Strafregister hat die Bewährungsgrenze längst gesprengt.
"SPIEGEL TV" hat die Straßenarbeit der Betreuer beobachtet, die Jugendlichen bei ihren Ämtergängen begleitet und war beim Spielabend dabei. Ein Gesellschaftsspiel, das die Streetworker selbst entwickelt haben. Es heißt: "Alles, alles über Deutschland".
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