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Deutsche Marine: "Crew Resource Management" für die Marine - Ein Konzept, um die Sicherheit noch weiter zu erhöhen

Deutsche Marine: "Crew Resource Management" für die Marine - Ein Konzept, um die Sicherheit noch weiter zu erhöhen
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Glücksburg (ots)

"Crew Resource Management" für die Marine - Ein Konzept, um die 
Sicherheit noch weiter zu erhöhen
Zunehmende Beanspruchung in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr: 
Ob am Horn von Afrika oder vor dem Libanon - bei der Deutschen Marine
sind Mensch und Material heute deutlich stärkeren Belastungen 
ausgesetzt als noch vor einigen Jahren. Trotzdem ist die Zahl der 
Unfälle rückläufig.
"Neue Panne bei Marine: Schnellboot brannte": So dramatisch titelt
in der vergangenen Woche eine norddeutsche Lokalzeitung. Was war 
geschehen? Das Schnellboot "S79 Wiesel" liegt zur Routine-Inspektion 
im Marinearsenal Kiel, der marineeigenen Werft. Ein Kabel in einem 
Transformator fängt an zu schmoren: Schwarzer, beißender Qualm ist 
die Folge. Im Marinejargon heißt das "Entstehungsbrand". Ein 
beherzter Soldat erstickt mit einem Feuerlöscher den drohenden Brand 
bereits im Keim. Als die alarmierte Kieler Feuerwehr einige Minuten 
später im Arsenal ankommt, ist schon alles vorbei. Wegen des 
technischen Defekts kommt es zu keinem nennenswerten Schaden.
Ist dieser Schwelbrand ohne Schaden tatsächlich ein 
berichtenswertes Ereignis? Vor einigen Jahren hätten einige 
Journalisten dies wohl verneint. Kein Schaden, kein Verletzter. Aber 
ganz nach dem Motto: "Only bad News are good News" - die Marine gerät
im vergangenen Jahr durch bildhafte und vor allem spektakuläre 
Unfälle in den Fokus der Journalisten. Zwei Schnellboote stoßen 
zusammen und ein Minensuchboot läuft auf einen Felsen ("Grömitz on 
the Rocks"). Peinliche Unfälle und Pannen scheinen sich zu häufen. 
Doch hat die Zahl der schweren Unfälle wirklich zugenommen?
Kapitän zur See Michael Brühn verneint: "Die Zahl der Havarien ist
in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen - einige wenige waren
aber sehr spektakulär". Der ehemalige Kommandant der Gorch Fock 
untersucht als "Beauftragter für Havarieuntersuchungen" Personen- und
Materialschäden der Marine. "Der Trend ist sogar rückläufig", sagt 
Brühn und belegt seine Aussage mit einigen Zahlen: Gab es 2005 noch 
49 Vorfälle, waren es 2006 nur noch 38. Ein Jahr später 37. Vor dem 
Hintergrund, dass Seetage und Fahrstunden durch Auslandseinsätze in 
den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen haben, ist dieser Trend 
bemerkenswert.
"Jeder einzelne Vorfall wird von Spezialisten gründlich 
untersucht", sagt Brühn. "Das geschieht zum einen, weil wir den 
Sachverhalt aufklären möchten und zum anderen, weil wir aus Fehlern 
lernen wollen", ergänzt er.
Die reinen Zahlen sagen natürlich nichts über die Art und Schwere 
der Vorfälle. Bei den meisten Vorfällen - der bereits angesprochene 
Schwelbrand ist ein gutes Beispiel - bleibt es bei nur geringen 
Schäden. Hauptgrund dafür: die gute und professionelle Ausbildung der
Besatzungen. Diese werden am Ausbildungszentrum für Schiffsicherung 
in Neustadt in Holstein regelmäßig und ausgiebig für den Ernstfall 
trainiert - schließlich kann man auf See nicht einfach die Feuerwehr 
rufen.
Trotzdem: Fehler sind unvermeidlich. Fehler sind immer auch ein 
Nebenprodukt des menschlichen Handelns. Bei der Teilnahme am 
Seeverkehr und in Extremsituationen lassen sich Unfälle und Pannen 
ebenso wenig vermeiden wie bei der Teilnahme mit einem Auto im 
Straßenverkehr. Auch mit modernster Technik nicht. "Die Unfallzahlen 
können aber noch weiter minimiert werden", betont Vizeadmiral 
Hans-Joachim Stricker. Der Befehlshaber der Flotte hat die Einführung
des sogenannten "Crew Resource Managements"  (CRM) in die Flotte 
angeordnet. Mit CRM wird das Bewusstsein noch weiter geschärft, dass 
neben dem technischem Verständnis an Bord auch der 
zwischenmenschliche Faktor eine sehr große Rolle spielt. CRM ist 
ursprünglich eine Schulung für Luftfahrzeugbesatzungen. Durch die 
CRM-Ausbildung verbessern sich die Fähigkeiten der "Non Technical 
Skills" (nicht technische Fertigkeiten). Hierbei werden vor allem 
vier Kategorien betrachtet: Kooperation, situative Aufmerksamkeit, 
Führungsverhalten und Entscheidungsfindung.
"Indem ein Bewusstsein über Prozesse und Abläufe auch in diesem 
Bereich geschaffen wird, wird die Teamfähigkeit der Besatzungen 
weiter verbessert", erläutert Dominic Cardozo, Psychologe bei der 
Lufthansa. Er ist dort zuständig für die ständige Weiterentwicklung 
des CRM-Trainings. "Die Sicherheit im Luftverkehr ist durch CRM enorm
verbessert worden. Viele unserer Erfahrungen sind sicherlich auch auf
die Marine übertragbar."
Der Befehlshaber ist deshalb zuversichtlich: "Mit CRM holen wir 
aus einer Besatzung, die komplexe Aufgaben zu erfüllen hat, die 
optimale Leistung heraus". Er ergänzt: "Noch weniger Unfälle bedeuten
weniger Kosten und eine noch bessere Einsatzfähigkeit. Letztlich 
aber, und das ist mir am wichtigsten, trägt das Crew Resource 
Management zur Sicherheit unserer Marinesoldaten bei."

Pressekontakt:

Presse- und Informationszentrum Marine
Presseoffizier
Henning Radtke
Telefon: 04631-6664412
henningradtke@marine.de

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