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Deutsche Marine - Pressemeldung (Feature): An hessischen Marinesoldaten führt kein Weg vorbei
Glücksburg (ots)
Kiel - Die "Frankfurt am Main" befindet sich auf See. Sie ist zurzeit auf dem Weg nach Portugal - trotzt gerade dem strengen Wetter der Biskaya. Am vergangenen Wochenende legte der Einsatzgruppenversorger der Deutschen Marine noch einen viertägigen Zwischenstopp in Portsmouth (Südengland) ein. Das Versorgungsschiff bildet zusammen mit den Fregatten "Sachsen" und Lübeck" den diesjährigen Einsatz- und Ausbildungsverband der Deutschen Marine. Auf diesen drei Schiffen befinden sich insgesamt 600 Marinesoldaten. Sie müssen fünf Monate lang auf See versorgt werden. Das ist die Aufgabe der Besatzung auf der "Frankfurt am Main".
Proviantübernahme ist Alle-Mann-Manöver
Zeitsprung zurück in die vergangene Woche. Hektische Betriebsamkeit herrscht vor dem Auslaufen der "Frankfurt am Main" an der Scheer-Mole im Heimathafen Kiel - vor lauter Versorgungsgütern kaum ein Durchkommen. 7.106 Flaschen Mineralwasser, unzählbare Paletten Cola, fässerweise Bier einer Frankfurter Brauerei, tonnenweise Lebensmittel wie Butter, Marmelade, Paniermehl, Lachs, oder sogar Straußenfleisch sowie tonnenschwere Container warten darauf, an Bord gebracht zu werden. Proviantübernahme ist bei der Marine ein sogenanntes Alle-Mann-Manöver. Jedes Besatzungsmitglied fasst mit an, um die Massen an Material an ihrem vorgesehenen Platz zu verstauen. Unter den rund 200 Männern und Frauen auf dem 174 Meter langen Schiff befinden sich fünf hessische Landsleute. Einer von ihnen ist Hauptgefreiter Markus Abram. "Wahrschau, isch komm!", ruft 23-Jährige aus dem Führerhaus eines Gabelstaplers. Der Bäcker umfährt gekonnt seine Kameraden im Bauch der "Frankfurt am Main" und platziert Vollkornmehl, Muffin-Backmischungen, Hefeteigmehl und Vanille-Crempulver gekonnt an dem dafür vorgesehenen Platz im Laderaum.
Hessische Spezialitäten sind keine Renner bei Besatzung
Die Gesprächpartner Abrams hören ihm seine Herkunft an. Der Gederner spricht von Krebbeln und Fastnacht - also von Berlinern und Karneval. Beides gehört für ihn "ganz klar zusammen". Deshalb findet er es schade, dass er diese Krebbel in diesem Jahr nicht für seine Kameraden produzieren darf. Er sagt: "Ein Vorfall auf einem anderem Schiff, der schon mehrere Jahre zurückliegt, untersagt mir das Zubereiten mit der Fritteuse." Als Ausgleich wolle er der Besatzung in diesem Jahr einen Frankfurter Kranz - das ist eine Tortenspezialität aus Sand- oder Biskuitteig - backen. "Damit werde ich die Besatzung bestimmt verwöhnen können", glaubt Abram. Im Küchenbereich des Schiffs arbeitet ein zweiter Hesse: Obermaat Arthur Wagner aus Wabern bei Kassel. Der Smut, wie er im Marinejargon genannt wird, sagt: "Das Wohlbefinden der Besatzung liegt uns beiden sehr am Herzen. Die Motivation an Bord steigt oder fällt oft mit unserem Essen." Also eine Chance für beide, typische hessische Spezialitäten zuzubereiten? "Nein, leider nicht", sagt der 24 Jahre alte Wagner etwas wehmütig, "Handkäs mit Musik, Frankfurter Grün Soß oder Äppelwoi sind keine Renner bei den Kameraden aus den anderen Bundesländern. Der Äppelwoi geht manchmal - viel beliebter ist jedoch der Wein aus den Weinbaugebieten wie zum Beispiel Hessische Bergstraße und Rheingau." Zu verdenken ist den Kameraden die Zurückhaltung vielleicht nicht. Ein eingelegter Käse mit Kümmel und Zwiebeln, also der Handkäs, oder die feste saure Sahnesoße mit sieben Kräutern, locken allein vom Namen her nicht unbedingt junge Menschen hinterm Ofen hervor. Beliebt bleiben in dieser Zielgruppe an Bord die deftigen Sachen. Schnitzel, Pommes und Co. gehen immer.
Vor dem Auslaufen: Nichts darf vergessen werden
Zur kleinen hessischen Gemeinde an Bord des Schiffs gehören auch die Versorger Obermaat Evelyne Noll aus Hadamar bei Limburg und Sebastian Kühn. Der Hauptgefreite ist in Hessen geboren und aufgewachsen, lebt nun aber an der hessischen Landesgrenze bei Siegen in Nordrhein-Westfalen. Von der Bettwäsche, über das Büromaterial bis hin zur kleinsten Schraube verwalten die beiden sämtliche Versorgungsgüter mit Ausnahme der Lebensmittel an Bord. So kurz vor dem Auslaufen zu einer so langen Reise haben die beiden alle Hände voll zu tun - im wahrsten Sinne des Wortes. Nichts darf vergessen werden. Wenn auf See etwas fehlt - zum Beispiel eine kleine Schraube als Ersatzteil - muss sie im Bedarfsfall teuer eingeflogen werden, oder sie kann mit Glück in einem Auslandshafen beschafft werden. Wenn die "Frankfurt am Main" ausgelaufen ist, wird für die zwei Versorgungssoldaten etwas Ruhe einkehren. "Dann gilt für uns der normale Alltag mit regulären Dienstzeiten von morgens bis abends. Dann wird es ruhiger", sagt Noll im zügigen vorbeigehen. Dann ist die 25-Jährige auch schon wieder mit ihrem Kameraden Sebastian Kühn (21) um die nächste Ecke der langen Gänge des Schiffs verschwunden - auf dem Weg zu ihren Versorgungsgütern.
"Frankfurt am Main" ist für Hessen Topwunsch unter Marineschiffen
Die vier Hessen sind mit Leib und Seele Marinesoldaten. Ihre Familien seien stolz, "weil wir als Botschafter in blau unseren Staat Deutschland, unser Bundesland Hessen und unsere Heimatstädte im Ausland würdig vertreten dürfen", sagt Abram. Wagner ergänzt: "Außerdem ist es für uns Hessen schon etwas besonderes, wenn wir in unsere Heimat in Marineuniform nach Hause kommen." Die dunkelblaue Marineuniform mit goldenen Abzeichen und der weißen Mütze sind in Hessen nicht sehr oft zu sehen. Abram: "Ich wäre enttäuscht gewesen, wenn das mit der Marine nicht geklappt hätte." Bei Heer oder Luftwaffe hätte er sich nicht auf vier Jahre verpflichtet. Sein Entschluss war nach einer sechsmonatigen Seefahrt klar. "Für mich war besonders die Seefahrt eine Herausforderung mit vielen positiven Erlebnissen und Erfahrungen", so der Hauptgefreite. Glücklich sind auch alle, dass sie auf der "Frankfurt am Main" sind. Noll sagt: "Das war mein Topwunsch und ich bin dankbar, dass ich hier in de' gut' Stubb sein kann." Seefahrt bedeutet für die vier jungen Soldaten auch Entbehrungen auf sich nehmen zu müssen. Vor allem die Entfernung von den Angehörigen in der Heimat sei ein Negativpunkt - hinzu kämen monatelange Abwesenheiten. Doch genau die entlohnten mit den Landgängen in fernen Hafenstädten auch und trösteten übers gelegentliche Heimweh hinweg. "Wir lernen fremde Länder und Kulturen kennen, wir tauschen uns mit Kameraden fremder Marinen aus und wir schließen viele Freundschaften", sagen die vier unisono. Dass sie ausgerechnet als Hessen auf einem Schiff mit dem Namen "Frankfurt am Main" ihren Dienst verrichten, mache sie stolz und sei motivierend zugleich.
Hessische Patenschaften haben bei Marine Tradition
Das Land Hessen pflegt zur Deutschen Marine eine lange Verbindung. So gibt es mehrere Patenschaften von hessischen Städten und dem Bundesland. Dies sind zurzeit das Schnellboot "Zobel" (Pate: Stadt Bad Hersfeld), das Minenjagdboot "Fulda" (Stadt Fulda), der Tender "Werra" (Stadt Eschwege), die Fregatte "Hessen" (Landesregierung Hessen) und eben der Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" (Stadt Frankfurt am Main). Diese Patenschaften sind zum Teil sehr alt und verdeutlichen die engen und freundschaftlichen Beziehungen. Dazu finden immer wieder Patenschaftsbesuche in beide Richtungen statt. Auf den jährlich stattfindenden Hessentagen ist die Deutsche Marine regelmäßig mit einem Informationsstand vertreten.
Hintergründe zum Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main"
Neben dem Schwesterschiff "Berlin" ist die "Frankfurt am Main" das größte Schiff der Deutschen Marine. Die beiden Einsatzgruppenversorger (EGV) unterstützen die sogenannten Einsatzgruppen der Marine auf Ausbildungs- und Einsatzfahrten. Die Hauptaufgabe besteht in der Versorgung von Schiffen und Booten in See mit Betriebstoffen, Verbrauchsgütern, Proviant oder Munition. Auf den Fahrten können auch containergestützte Sanitätszentren an Bord genommen werden. Mit dem dazugehörigen Personal kann eine sanitätsdienstliche Versorgung auf dem Niveau eines deutschen Kreiskrankenhauses erfolgen. Außerdem können an Bord zwei Hubschrauber sowie Unterstützungspersonal untergebracht werden. Es gibt Betreuungseinrichtungen für die Besatzung und die zu begleitenden Schiffe. Des Weiteren wird Abwasser und Müll der Einsatzgruppen umweltverträglich entsorgt. Die Schiffe sind 174 Meter lang, haben eine Wasserverdrängung von circa 18.000 Tonnen und sind mit ihren 28.776 PS starken Dieselmotoren etwa 20 Knoten schnell - das sind rund 36 Stundenkilometer. Die "Frankfurt am Main" wurde am 27. Mai 2002 in Dienst gestellt.
Autor: Jörg Binsack, Presse- und Informationszentrum Marine Fotos: Deutsche Marine
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