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Deutsche Marine - Pressemeldung (Reportage): Mit einem blauen Herzen dabei - ein Hamburger und ein Sachse bei den Marineschutzkräften
Glücksburg (ots)
Putlos / Eckernförde - Als am 29. März dieses Jahres Piraten am Horn von Afrika das Tankschiff "Spessart" der Deutschen Marine angriffen und mit Handfeuerwaffen beschossen, erlebten die Seeräuber unerwartet Gegenwehr. An Bord des Schiffs befanden sich Soldaten der Marineschutzkräfte. Sie erwiderten das Feuer und schlugen die Piraten in die Flucht. "Das ist eine der Aufgaben unserer Männer und Frauen", sagt Korvettenkapitän Thomas Schorn. Der 45-Jährige ist Kommandeur der Marineschutzkräfte (MSK) aus Eckernförde. Schorn ist Berufssoldat und befehligt ein Bataillon mit rund 500 Soldaten "in fleckgetarnten Uniformen aber mit blauem Herz", sagt er. Damit stellt er heraus, dass seine Soldaten Marineangehörige sind. Dieser Umstand sei außerhalb der Marine noch viel zu wenig bekannt. "Die MSK in der heutigen Form gibt es seit dem 1. April 2005. Wir sind aus dem Glückstädter Marinesicherungsbataillon 1 hervorgegangen und haben uns für die neuen Aufgaben spezialisiert." Dazu gehören vor allem der Schutz von Hafenanlagen, sogenannten logistischen Abstützpunkten und Schiffen in den Einsatzgebieten. "Von unseren vollausgebildeten Soldaten sind zurzeit mehr als 75 Prozent im Einsatz. Wer unsere fordernde Ausbildung besteht, kommt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in einen solchen Einsatz", sagt Schorn. Das sei besonders für Grundwehrdienstleistende (GWDL) interessant, die freiwillig längeren Wehrdienst bis zu 23 Monate leisten, um in den Einsatz gehen zu dürfen, denn der normale GWDL darf und wird nicht in den Einsatz geschickt. "Wir sind der Marineverband mit dem höchsten Anteil an Grundwehrdienstleistenden, aber auch mit einer der höchsten Weiterverpflichtungsquoten", stellt Schorn heraus.
Hamburger ist Gruppenführer bei den MSK
Ende März verbrachte das Bataillon zwei Wochen auf dem Truppenübungsplatz in Putlos an der Ostsee. Dort finden die Marineinfanteristen ideale Bedingungen für ihre Ausbildung vor. Der Hamburger Andreas Lütge ist Gruppenführer der MSK und somit Vorgesetzter von acht jungen Männern. Der 27-Jährige sagt: "Zuerst bin ich bei den Fernspähern des Heeres am Bodensee gewesen. Ich wusste damals gar nicht, dass es die Marineschutzkräfte gibt. Aufgrund einer Verletzung musste ich mich umorientieren und fand Anfang 2007 meine militärische Heimat in der Nähe meiner Heimat. Jetzt bin ich nur noch 130 Kilometer von Hamburg entfernt stationiert und komme fast jedes Wochenende nach Hause. Als Hanseat fühle ich mich in der maritimen Umgebung sehr wohl."
Besondere Kopfbedeckung: ein Barett
Lütge stand Ende März kurz vor seiner Beförderung zum Bootsmann. Dazu absolvierte er in Plön den Maaten- und den Bootsmannslehrgang - insgesamt sechs Monate und zusätzlich den sechsmonatigen Gruppenführerlehrgang für die Verwendungsreihe 76. Die Männer und Frauen dieser Verwendungsreihe tragen nach außen hin sichtbar eine besondere Kopfbedeckung: Ein marineblaues Barett mit einem goldenen Abzeichen. Darauf zu sehen sind zwei gekreuzte Gewehre über einem Anker im Eichenlaubkranz. Fast alle anderen Marineangehörigen tragen marineblaue Schiffchen zu ihrem Gefechtsanzug. Das bringt den Männern und Frauen der MSK einen gewissen Waffenstolz und ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl. Lütge ist auch wegen dieses Teamgeistes sehr gerne Marineinfanterist. Der gelernte Industriekaufmann mag die klaren militärischen Führungsstrukturen. Doch auch das menschliche Miteinander sei in der Marineinfanterie sehr ausgeprägt. Er sagt: "Ich bin neben den dienstlichen Dingen auch für die privaten Sorgen der erste Ansprechpartner meiner Soldaten. Ich helfe wo es geht und stehe meinen Männern bei."
Verantwortlich für Vollausbildung
In Putlos führt Lütge seine Soldaten im Gefechtsdienst und trainiert sie in der sicheren Handhabung der Handwaffen. Das ist das Handwerkszeug der 76er. Das müssen sie beherrschen. Das erlernen sie in der sechs Monate dauernden Vollausbildung, die sich direkt an die dreimonatige Grundausbildung anschließt. Der Hamburger ist persönlich verantwortlich, dass seine Männer ihr Handwerkszeug beherrschen. Im Einsatz muss sich jeder auf den anderen verlassen können, davon kann die Sicherheit der ganzen Gruppe abhängen. Deshalb ist die Handwaffenausbildung ein Sperrfach in der sogenannten Einzelschützenprüfung die zwei Tage dauert. Nur wer die "Einzelschützenprüfung Alpha" besteht, also einsatzbereit ist, darf in einen Auslandseinsatz gehen.
Internationale Regeln müssen beachtet werden
Deshalb trainieren die Soldaten auch den Bau und den Betrieb von sogenannten Check Points, das Festsetzen und Durchsuchen von Personen und die praktische Anwendung internationaler Regeln für die Auslandseinsätze im Gefecht. Diese Rules Of Engagement (ROE) müssen sitzen. Fehler dürfen in einem Gefechtsszenarium nicht passieren. Deshalb wird auf den Schießplätzen in Putlos genau das geübt. "Die Gruppenführer leiten ihre Gruppe beim scharfen Schuss. Gegner, die sich ergeben oder weglaufen, dürfen nicht mehr bekämpft werden. Unbewaffnete, Frauen, Kinder und Geistliche sowie Sanitäter sind durch die ROE geschützt. Das ist in einem Gefecht mit Rauchwolken nicht immer auf den ersten Blick auseinander zu halten", sagt MSK-Kommandeur Schorn. Den Soldaten drohen bei schweren Verstößen gegen diese Regeln in einem Auslandseinsatz strafrechtliche Konsequenzen. Deshalb sind auch die ROE Sperrfach bei der Einzelschützenprüfung und sie werden immer wieder gelernt, trainiert und in allen möglichen Übungsszenarien abgeprüft.
Sachse führt Schießkladde auf dem Schießstand
An einem Schießstand auf dem Truppenübungsplatz sitzt in einer kleinen Holzhütte der 19-jährige Sachse Felix Hesse aus Bautzen. Er führt die Schießkladde der Einheit und trägt in das grüne DIN-A4-Buch jede ausgegebene Patrone, jeden verschossenen Schuss und die Schießergebnisse seiner Kameraden ein - akribisch mit deutscher Gründlichkeit. Am Ende des Schießtages dürfen keine Differenzen auftreten, keine Patrone darf fehlen. Die Schießergebnisse sind Grundlage für die Verleihung von Leitungsabzeichen oder der begehrten Schützenschnur. Streichungen und Änderungen werden gesondert vermerkt und von einem Offizier abgezeichnet. Hesse ist Grundwehrdienstleistender und beendet im April seine neun Monate dauernde Dienstzeit. "Ich arbeite bei den MSK im Geschäftszimmer. Deshalb führe ich hier draußen die Schießkladde", sagt er.
Bei Marine Freunde gefunden
Seine Grundausbildung absolvierte der Abiturient in Parow bei Stralsund an der Marinetechnikschule. Er ist einer der wenigen Männer und Frauen der MSK, die keine 76er sind. "Ich gehöre der Verwendungsreihe 61 Stabsdienst an, bin aber sehr gerne bei den MSK", sagt Hesse. Vor seiner Versetzung nach Eckernförde wusste er nicht, das es Marineschutzkräfte überhaupt gibt. Viele seiner Freunde in der sächsischen Heimat leisten ihren Grundwehrdienst beim Heer. "Die Unterschiede sind offensichtlich enorm, obwohl das Aufgabenspektrum augenscheinlich ähnlich ist. Wenn ich mich mit meinen Freunden unterhalte, stelle ich immer wieder fest, wie interessant die Marine ist. Ich habe schon Schiffe besucht, bin am Meer stationiert, wo andere Menschen Urlaub machen und die Marine hat ihre eigenen Begriffe. Besonders schön ist es, wenn ich in meiner Matrosenuniform im Zug nach Bautzen fahre, dann werde ich immer von fremden Menschen nur sehr nett angesprochen, führe interessante Gespräche mit ihnen. Das macht mich stolz." Die Entfernung zur Heimat sei jedoch vor allem für seine Mutter eine Belastung. "Ich fahre öfter mal nur alle zwei Monate nach Hause. Dafür bin ich mit meinen Kameraden unterwegs und entdecke Norddeutschland. Wir haben Spaß und amüsieren uns in unserer Freizeit. Dadurch sind viele Freundschaften entstanden." Nach seiner Dienstzeit will der Obergefreite in Dresden Verkehrsingenieurwesen studieren oder Pilot bei der Lufthansa werden. Für sein ziviles Leben habe er von der Marine und den MSK viel mitgenommen. "Ich habe hier vor allem Ordnung, Disziplin und Teamfähigkeit gelernt. Wenn man mit zwei Leuten auf einer Stube lebt, geht das nicht ohne Kompromisse", dann schmunzelt er und fügt hinzu, "und zu Hause finden meine Freunde, dass ich mir bereits viele Dinge vom Wessi-Akzent angeeignet hätte. Norddeutschland färbt halt ab."
Autor: Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum Marine Fotos: Florian Mitschka und MSK Eckernförder, Deutsche Marine
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