Energie- und Wärmewende: Stromnetzbetreiber scheitern am Strom der Kundenanfragen
Frankfurt am Main (ots)
Die Energiewende nimmt Tempo auf - doch viele Stromnetzbetreiber bleiben auf der Strecke, da sie den gestiegenen Genehmigungen und Kundenanfragen nicht nachkommen können. BearingPoint hat bei Stromnetzbetreibern in ganz Deutschland nachgefragt, welche Melde- und Genehmigungsprozesse bei Wärmepumpe, Solaranlage, Batteriespeicher und Ladesäulen zu beachten sind. Das Ergebnis: überwiegend unzureichende oder gar keine Antworten sowie fehlende Transparenz.
Immer mehr Unternehmen und Verbraucher:innen planen die Anschaffungen von Wärmepumpen, Solaranlagen (PV-Anlagen), Batteriespeichern und Wallboxen/Ladesäulen und handeln damit ganz im Sinne der Bundesregierung und des Klimaschutzes. Doch viele Stromnetzbetreiber scheinen bei der Informationsbereitstellung zu diesen wichtigen Energiewendethemen überfordert zu sein, wie eine aktuelle Anfrage der Management- und Technologieberatung BearingPoint bei 55 Stromnetzbetreibern unterschiedlicher Unternehmensgröße aus ganz Deutschland zeigt.
Steigende Nachfrage nach Informationen zu alternativen Energieformen überfordert Stromnetzbetreiber
Die Transformation in Richtung erneuerbarer Energien ist im vollen Gange und das erhöht die Anfragen von Kund:innen an die regionalen Stromnetzbetreiber. Die aktuelle Diskussion in der Bundesregierung und Gesetzentwürfe zum Einbau klimafreundlicher Heizungen ab 2024 führen ebenfalls zu stark ansteigenden Nachfragen im privaten und wohnungswirtschaftlichen Umfeld. Die BearingPoint-Studie macht deutlich, dass die Genehmigungs- und Zulassungsprozesse bei vielen Stromnetzbetreibern nicht einheitlich und zudem oft intransparent sind.
Stichprobe: Widersprüchliche Antworten, wenig Informationen und der Verweis auf Elektroinstallateure
Die BearingPoint-Stichprobe zeigt, dass auf identische Kundenanfragen viele unterschiedliche, teils sogar sich widersprechende Antworten von Seiten der Stromnetzbetreiber und der häufig als Muttergesellschaften fungierenden Energievertriebe gegeben werden. Die Dauer der Beantwortung der Kundenanfragen ist insgesamt deutlich zu lang, Fragen werden häufig gar nicht oder sehr kompliziert beantwortet. Informationen zu den Anforderungen für die Anmeldung oder Genehmigung von alternativen Energieanlagen sind auf vielen Webseiten der Stromnetzbetreiber häufig nicht direkt oder teilweise gar nicht für die Kund:innen zu finden - insbesondere, wenn es um Wärmepumpen und Energiespeicher geht. Darüber hinaus erklären viele Stromnetzbetreiber ihre Prozesse nicht, passen diese auch nicht an und verweisen für weitere Informationen gerne auf Elektroinstallateure in der Region. Dabei sind die Anlagen bei vielen Stromnetzbetreibern genehmigungs- und sogar anmeldepflichtig.
Informationsbereitstellung bei Genehmigungs- und Zulassungsprozessen wenig kundenfreundlich
Wichtige Anmelde- und Genehmigungsprozesse und Formulare werden den Kund:innen oft immer noch nicht digitalisiert zur Verfügung gestellt. Dort, wo es bereits digitalisierte Angebote gibt, ist die Digitalisierung häufig nicht vollständig umgesetzt. Zwar werden Portale zur Registrierung häufiger genutzt, sie enthalten aber (meist) wenig Informationen und Angebotshinweise für Kund:innen. Statt Kundenportale werden in den meisten Fällen Dokumente zum Ausfüllen und Versenden als digitale Lösung gesehen, sodass es an unterstützender Software für die effiziente Bearbeitung im Innendienst fehlt. Insgesamt attestiert BearingPoint vielen angefragten Stromnetzbetreibern wenig kundenfreundliche Informationsbereitstellung und Kommunikation.
Marion Schulte, Partnerin und Leiterin des Bereichs Energiewirtschaft bei BearingPoint: "Viele Stromnetzbetreiber bekommen eine Vielzahl von Kundenanfragen und Anmeldungen von neuen Anlagen, wie einer PV-Anlage auf dem eigenen Dach. Diese zeitnah sowie inhaltlich adäquat zu beantworten, ist eine enorme Herausforderung. Unsere Stichprobe zeigt: Das Kundenbedürfnis nach Information und einfachen Prozessen überfordert die Stromnetzbetreiber derzeit häufig. Ein weiteres Problem: Die Unternehmen haben viele Aufgaben, die technische Prüfung ist teils komplex und benötigt oftmals auch ein Aufrüsten der Netze. Dies ist aber dem Kunden nicht zu vermitteln und hilft nicht, die Energiewende zu beschleunigen. Die Digitalisierung der Prozesse mit möglichst einfachen und soweit möglich einheitlichen Prozessen könnte viel Abhilfe schaffen. Für die Stromnetzbetreiber liegt hier enormes Potenzial, ihre Kernaufgabe auch mit steigender Dezentralisierung und den damit einhergehenden Anfragen und Anmeldungen von Kunden effizient zu gestalten und zu transformieren."
Über die Studie
BearingPoint hat 55 Stromnetzbetreiber unterschiedlicher Unternehmensgröße aus ganz Deutschland angeschrieben und die Angebote auf den Webseiten der zugehörigen Vertriebsgesellschaften geprüft. Die 55 untersuchten Stromnetzbetreiber decken über 40 Prozent des in Deutschland an Haushalte gelieferten Stroms ab. In der Anfrage wurde angegeben, dass man einen Umzug ins Netzgebiet plane und sich daher gerne über erneuerbare Anlagen informieren möchte. Dabei wurde speziell nach den Anmelde- und Genehmigungspflichten und den zugrundeliegenden Prozessen hinsichtlich folgender Anlagen gefragt: PV-Anlage, Wärmepumpe, Stromspeicher und Elektroladesäule. Insgesamt wurden vier verschiedene Fragen gestellt und um deren Beantwortung gebeten. Anschließend wurde den Netzbetreibern drei Wochen Zeit gegeben, um auf die Anfrage zu antworten. Die innerhalb der Dreiwochenfrist eingegangenen Antworten der Netzbetreiber wurden anschließend ausgewertet.
Die vollständige Studie steht hier zur Verfügung: https://ots.de/cJig9S. Die Infografik anbei ist für redaktionelle Zwecke frei verwendbar. Wir bitten um Quellennachweis: BearingPoint.
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