Trotz düsterer Aussichten steigen Weihnachtsausgaben - Hoffnungsschimmer für den Handel durch überraschendes Konsumverhalten
Frankfurt am Main (ots)
Läufer:innen oder Käufer:innen? Passantenfrequenzen legen am ersten Adventswochenende in nahezu allen Städten zu. Vor-Pandemie Frequenzen teilweise überschritten. Weihnachtsgeschäft zeigt widersprüchliche Trends.
Die Konsumentinnen und Konsumenten sind zurück in den Innenstädten. Die diesjährige Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint in Zusammenarbeit mit dem IIHD-Institut zeigt, dass in nahezu allen untersuchten Top-Einzelhandelsstandorten die Frequenz am ersten Adventswochenende zum Teil deutlich zugenommen hat. In über der Hälfte der untersuchten 20 Städte mit den höchsten Passantenfrequenzen werden sogar die Vor-Corona Frequenzen überschritten. Ob das allerdings ein "Revival" der Innenstadt begründet, muss mit Abstand bewertet werden. Die Frage, ob die Menschen originär zum Weihnachtseinkauf in die Innenstadt kommen oder ob soziale und kulturelle Interessen (z. B. der Besuch des Weihnachtsmarkts) überwiegen, bleibt offen. Denn für Umsätze im innerstädtischen Einzelhandel ist nicht unbedingt die Zahl der Läufer:innen (Passant:innen), sondern vor allem die Motivation der Käufer:innen relevant - und die scheint ambivalent im diesjährigen Weihnachtsgeschäft.
Krisenstimmung in Deutschland - 95 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten startet mit Ängsten, negativen Erwartungen oder zumindest gemischten Gefühlen ins neue Jahr
Die Konsumentinnen und Konsumenten zeigten bereits über das ganze Jahr 2024 hinweg eine deutliche Konsumzurückhaltung. So verdeutlicht auch die Weihnachtsstudie von BearingPoint und IIHD-Institut, dass wie bereits im Vorjahr das bevorstehende Fest und der Jahreswechsel für einen Großteil der Menschen in Deutschland kein Grund zur Freude sind. Letztes Jahr gab noch fast jede(r) dritte Befragte (30 Prozent) an, das neue Jahr mit Freude und positiven Erwartungen zu starten. Diesen letzten Optimistinnen und Optimisten scheint das Lachen nun vergangen. Nur noch 5 Prozent der Befragten gehen freudig und mit positiven Gefühlen in das neue Jahr 2025. Dass die Konsumentinnen und Konsumenten so schwarzsehen, liegt vor allem an deren negativen Erwartungen, was die aktuelle Wirtschaftslage (90 Prozent gehen von keiner Verbesserung, davon 50 Prozent sogar von einer weiteren Verschlechterung aus) und die eigene finanzielle Situation (37 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus) betrifft. Hinzu kommt, dass knapp die Hälfte der Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland von einem deutlich stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise als zuletzt ausgeht.
Insbesondere außenpolitische Probleme beunruhigen die Menschen in Deutschland, die innenpolitische Lage verstärkt diese Unsicherheit zusätzlich
Kein Thema scheint die Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland mehr zu verunsichern als die Folgen der US-Wahl. Mehr als 80 Prozent der Befragten geben an, dass sie die unklare Rolle der USA in der Weltpolitik aufgrund des Regierungswechsels ängstlich stimmt.
Die innenpolitische Situation bringt dieser allgemeinen Angstlage keine Erleichterung. 76 Prozent der Befragten begründen ihre Unsicherheiten vorrangig mit dem Scheitern der deutschen Regierungskoalition und den daraufhin vorzuziehenden Neuwahlen im Jahr 2025. Zusätzliche Themen wie zum Beispiel Migration, Klimawandel und ein schwächerer Arbeitsmarkt forcieren die Ängste der Befragten weiterhin, wenn auch auf geringerem Niveau.
"Die abermals gestiegene Verunsicherung der Bevölkerung zeigt auf alarmierende Weise, wie tiefgreifend die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland wirken. Die Schlüsselfrage im neuen Jahr wird sein, wie Politik, Wirtschaft und Handel das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in eine bessere Zukunft zurückgewinnen können. Gemeinsam müssen die Weichen für eine nachhaltige Erholung gestellt werden", so Kay Manke, Retail-Experte und globaler Leiter Consulting Portfolio & Innovation bei BearingPoint.
Auswirkungen auf das Weihnachtsgeschäft: Das Jahresendgeschäft zeigt einen Widerspruch im Konsumentenverhalten
Obwohl die Mehrheit der Menschen mit großen Unsicherheiten in das nächste Jahr geht, geben knapp 39 Prozent der Befragten an, dieses Weihnachten mehr Geld für Geschenke ausgeben zu wollen. 566 Euro sind durchschnittlich für Weihnachtsausgaben geplant - eine deutliche Steigerung von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Dieser vermeintliche Widerspruch hat unterschiedliche Gründe: Knapp 14 Prozent der Befragten planen, dieses Jahr mehr für Geschenke auszugeben, um sich nochmal großzügig zu zeigen (2023: 13 Prozent). Weitere 14 Prozent machen dieses Jahr mehr Geschenke, da sie befürchten, aufgrund ihrer persönlichen finanziellen Lage im kommenden Jahr weniger Geld dafür zur Verfügung zu haben (2023: 9 Prozent). 11 Prozent halten den Augenblick gerade für günstig, um Produkte aufgrund von erwarteten Preissteigerungen im Jahr 2025 jetzt zu kaufen (2023: 0,4 Prozent).
"Das Paradoxon der steigenden Weihnachtsausgaben verdeutlicht, wie stark psychologische und emotionale Faktoren das Verbraucherverhalten gerade in Krisenzeiten beeinflussen können. Für den Handel könnte sich diese Dynamik durch das veränderte Kaufverhalten positiv auswirken, sodass sich die derzeit gefüllten Lager des Einzelhandels bis Weihnachten möglicherweise noch leeren. Insofern sprechen zumindest die Absichten der in Deutschland Lebenden für eine vielversprechende Jahresendrallye im Einzelhandel. Ob diese jedoch den durch den Konsumverzicht über das Jahr aufgelaufenen Umsatzverlust wettzumachen vermag, bleibt eher kritisch zu beurteilen", so Prof. Dr. Jörg Funder, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts IIHD.
Der Weihnachtseinkauf im stationären Einzelhandel scheint bedroht. Nie war der Anteil von Onlinekäufen am Geschenkebudget höher.
Steigende geplante Ausgaben für Weihnachtsgeschenke, höhere Frequenzen in den Innenstädten - was für den stationären Handel erstmal wie eine frohe Botschaft klingt, hat eine dramatische Kehrseite. Knapp 83 Prozent der Ausgaben wollen die Befragten über Onlinekanäle ausgeben, so viel wie nie zuvor. Selbst in den Coronajahren 2021 und 2022 lag die Quote der Onlinekäufe vom Weihnachtsbudget bei 49 Prozent (2021) beziehungsweise 62 Prozent (2022). Insofern ist mit 470 Euro nicht nur die absolute Höhe des diesjährigen Onlinebudgets, sondern mit 83 Prozent auch der Anteil der Onlinekäufe am gesamten Geschenkebudget bemerkenswert. Im Zeitraum bis Oktober wuchs der Onlinehandel gegenüber der Vorjahresperiode um nur 3 Prozent - allerdings getrieben von hohen Wachstumsraten im September (+15 Prozent) und Oktober (+11 Prozent).
"Nie war der Anteil an Onlineausgaben am Weihnachtsbudget höher. Während die eigentlichen Käufe online getätigt werden, suchen die Konsumentinnen und Konsumenten in den Einkaufspassagen offenbar nach Erlebnissen und sozialem Austausch", erläutert Kay Manke. "Entscheidend ist, diese Besucherinnen und Besucher in Käuferinnen und Käufer zu verwandeln. Der stationäre Einzelhandel muss auf diese Entwicklung reagieren und entsprechende Strategien entwickeln, um die Kundschaft mit kreativen Konzepten wiederzugewinnen."
"Der Onlinehandel legt gerade einen mächtigen Jahresendspurt hin", beobachtet Funder und ergänzt: "Nur so lassen sich auch die hohen Anteile, die die Konsumentinnen und Konsumenten im Onlinehandel im Weihnachtsgeschäft ausgeben wollen, begründen".
Ob die Absichten hoher Ausgaben im Onlinehandel durch die Konsument:innen tatsächlich realisiert werden, bleibt offen. Bis zum ersten Adventswochenende lag der Anteil der tatsächlichen Ausgaben im Onlinehandel mit 20 Prozent unter den Plänen der Konsument:innen. Und deutlich war bisher auch, dass die letzten Wochen bis zum Weihnachtsfest typischerweise dem stationären Handel gehören. Es bleibt also mit Spannung abzuwarten, wie sich die Konsument:innen im Dezember tatsächlich verhalten. Bleiben die Passantenfrequenzen weiter hoch und gelingt es dem innerstädtischen Einzelhandel die Kund:innen zu einem Umschichten ihres Budgets zu bewegen (z. B. durch Beratung oder weihnachtliche Inszenierung des eigenen Ladengeschäfts), scheint also noch nicht alles verloren für den stationären Handel im diesjährigen Weihnachtsgeschäft.
Die vollständige Studie ist unter folgendem Link verfügbar: https://ots.de/bzQhxH
Über den Holiday Newsletter
BearingPoint und das IIHD | Institut verfolgen bereits seit vielen Jahren die Entwicklungen des Weihnachtsgeschäftes und fassen die Erkenntnisse in ihrer Publikationsreihe Holiday Newsletter zusammen. Seit 2013 befragen BearingPoint und IIHD für die Studie 1.200 Personen ab 15 Jahren auf den 20 am stärksten frequentierten Einkaufsstraßen Deutschlands und analysieren die Ergebnisse vor dem Hintergrund aktueller Handels- und Konsumtrends. Strategien, aktuelle Trends und Innovationen im Weihnachtsgeschäft werden dabei analysiert und kommentiert. Sollten Sie sich zu bestimmten Themen mehr Informationen wünschen, freuen wir uns über eine kurze Mitteilung unter Weihnachten@iihd.de
Über das IIHD Institut
Das IIHD Institut ist eines der renommiertesten Think Tanks in den Bereichen Handel, Konsumgüter und Dienstleistungen und verfolgt einen kontextgetriebenen und interdisziplinären Forschungs- und Beratungsansatz zu den Kernthemen Corporate Transformation, Predictive Analytics/ AI, Cross-Channel Commerce und Ecosysteme. Seit rund zwölf Jahren bietet das IIHD Institut Einblicke sowie Orientierung in disruptive Branchen und begleitet strategische Neuausrichtungen von national und international agierenden Unternehmen und Verbänden. Es arbeitet aktiv mit Führungskräften zusammen und unterstützet sie dabei, aktuelle Trends zu verstehen, faktenbasierte Entscheidungen zu treffen und diese Entscheidungen umzusetzen, um die angestrebten Unternehmensziele zu erreichen.
Weitere Informationen: www.iihd.de
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