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Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

"Konsum-Teufelskreis verhindert Versöhnung von Technik und Natur"
Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, Träger des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt 1999, zieht eine erste Bilanz

Osnabrück (ots)

Ein Jahr nach der Vergabe des Deutschen
Umweltpreises durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU,
Osnabrück) zieht Preisträger Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, Direktor am
Botanischen Institut und des Botanischen Gartens der Universität
Bonn, eine positive Bilanz. "Weit über 50.000 Gebäude, vom Hotel
Kempinski gegenüber dem Roten Platz in Moskau bis zu Palästen in den
Vereinigten Arabischen Emiraten, wurden zur großen Zufriedenheit der
Bauherren mit Fassadenfarben gestrichen, die den Lotus-Effekt
nutzen", erklärt Barthlott stolz. Zunächst als "neunmalkluger
Botaniker" und "Dilettant" belächelt, wurde der von ihm entdeckte
"Lotus-Effekt" mittlerweile in viele Produkte integriert und zur
Marktreife gebracht. "Die Verleihung des Preises hat für die sich
anschließende Lotus-Euphorie eine große Rolle gespielt."
Für die Erforschung des Lotus-Effektes erhielt der Bioniker
Barthlott 1999 in Weimar gemeinsam mit dem Textilunternehmer Dr.-Ing.
h. c. Klaus Steilmann (Wattenscheid) den mit einer Million Mark
dotierten Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Doch neben
dem wirtschaftlichen Erfolg hätten sich auch unseriöse
Begleiterscheinungen eingestellt. Plötzlich habe es herkömmliche
Fassadenfarbe gegeben, die mit dem Lotus-Effekt für sich werbe oder
ultraglatte Waschbecken angeblich nach dem Vorbild der Natur, die
nichts mit dem eigentlichen Effekt zu tun hätten. Selbst bedeutende
Unternehmen würden jetzt ihre Fußböden mit "Lotus-plus" auszeichnen,
obwohl Lotusoberflächen nicht für eine extreme physikalische
Beanspruchung geeignet seien. "Ich bin sprachlos, mit welcher
Unverfrorenheit bekannte Konzerne ihre Kunden in die Irre führen oder
jeden patent- und markenrechtlichen Anspruch ignorieren", empört sich
Barthlott.
Die Chance der Versöhnung von Natur und Technik sieht Barthlott
noch nicht intensiv genug genutzt. Es gäbe zwar inzwischen mehr
Ansätze von bionischem Denken, dennoch führe besonders der
Konsum-Kreislauf zunehmend in eine Sackgasse. "Wir essen
Billigst-Fleisch aus dem Supermarkt und trinken Bier aus
umweltbelastenden Dosen", erläutert Barthlott. Eine psychologisch
immer raffiniertere Werbung suggeriere zudem den Wunsch nach immer
neuen, kurzlebigen und unsinnigen Produkten. Dies stelle einen
Teufelskreis dar, aus dem der Einzelne momentan noch nicht
herauskönne. Für einen Ausweg sei fundamentales Umdenken vonnöten;
doch dazu sei die Zeit wohl noch nicht reif.
Sein Grundverständnis für biologisch-ökologische Beziehungen rate
ihm zu großer Vorsicht und erheblichem Misstrauen gegenüber
gentechnisch veränderten Lebensmitteln. "Die Tomaten werden immer
geschmackloser, aber schöner; ihr Alter kann der Kunde nicht
erkennen, und sie verfaulen in voller Schönheit auf dem Tisch",
stellt Barthlott dar. Man könne sagen, jeder kriege das, was er
verdient. Aber leider habe man kaum eine Wahl für Alternativen.
Der von ihm und seinem Team erforschte Lotus-Effekt basiert auf
dem Ansatz der Bionik, die die Natur als Vorbild  für technische
Produkte sieht. Barthlott entwickelte nach dem "Bauplan" der
Lotus-Blume, an deren Blättern selbst Sekundenkleber nicht haften
kann, die Voraussetzungen des sogenannten Lotus-Effektes: Aufgrund
der mikrofeinen rauen Struktur der Oberfläche der Blätter perlen
Wassertropfen sofort ab und reißen Schmutzpartikel jeder Art mit
sich. "Es handelt sich hierbei um extrem unverschmutzbare
Oberflächen, die in vielen Bereichen als Vorbild dienen können",
schildert Barthlott. Die Natur habe gezeigt, dass eben nicht glatte,
sondern raue Oberflächen Schmutz besser abweisen. Durch den
Lotus-Effekt ließen sich unabsehbare Mengen von Abwässern vermeiden
und Energie in großem Maße einsparen. Oberflächen von Fahrzeugen,
Fenster und schmutz- und wasserabstoßende Textilien befänden sich in
der Entwicklung. Kürzlich habe ein Kooperationspartner ein
Lotus-Spray entwickelt, mit dem man Oberflächen wirksam imprägnieren
könne. "Damit kann man beispielsweise Gartenmöbel einsprühen und sie
im Winter vollkommen trocken draußen stehen lassen", so Barthlott.
Hausanschrift:
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Postanschrift:
Postfach 17 05
49007 Osnabrück
Tel.: 05 41/96 33-521
Fax:  05 41/96 33-198
Franz-Georg Elpers
E-Mail:  fg.elpers@dbu.de

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