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War Judas der treueste Jünger Jesu?
Mit Unterstützung von NATIONAL GEOGRAPHIC wurde das Judas-Evangelium restauriert und übersetzt/ Religionswissenschaftler feiern das Manuskript als Sensation

War Judas der treueste Jünger Jesu? / Mit Unterstützung von NATIONAL GEOGRAPHIC wurde das Judas-Evangelium restauriert und übersetzt/ Religionswissenschaftler feiern das Manuskript als Sensation
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Hamburg (ots)

Ein antiker Text behauptet, dass Judas, der Verräter von Jesus 
Christus, eigentlich sein treuester Jünger war. Nach diesem 
Manuskript, das den Titel "Judas-Evangelium" trägt, bat Jesus seinen 
Jünger Judas, ihn an die Römer auszuliefern, um Gottes Willen zu 
erfüllen. Durch diesen Auftrag erscheint der größte Schurke der Bibel
in völlig neuem Licht. Die National Geographic Society präsentierte 
der Öffentlichkeit heute erstmals Inhalte des Manuskripts. Der Kodex 
- ein gebundener auf koptisch verfasster antiker Text - wurde in den 
siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Ägypten entdeckt und
gelangte über Umwege zur Schweizer Maecenas-Stiftung. Die National 
Geographic Society unterstützte in den vergangenen fünf Jahren die 
Restaurierung und Übersetzung des Dokuments aus dem Koptischen. Alle 
wissenschaftlichen Tests haben bisher die Echtheit des Manuskripts 
bestätigt, das zwischen 220 und 340 n. Chr. entstand. NATIONAL 
GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND berichtet in der Titelgeschichte der 
Mai-Ausgabe (EVT 13. 4. 2006) ausführlich über das Evangelium und die
neue Sicht auf Judas.
Die Existenz eines so genannten Judas-Evangeliums war schon sehr 
lange bekannt. Bereits 180 n. Chr. hatte Irenäus, der Bischof von 
Lyon, in seinem Werk "Gegen die Häresien" ausdrücklich vor der 
Lektüre dieses Evangeliums gewarnt. Denn dessen Inhalt passte nicht 
zu den von der Kirche ausgewählten Texten für das Neue Testament wie 
die Evangelien nach Markus, Matthäus, Lukas und Johannes.
Den Texten des Neuen Testaments zufolge starb Jesus am Kreuz, 
nachdem der Apostel Judas ihn im Garten Gethsemane für 30 Silberlinge
an die römische Besatzungsmacht verraten hatte. Seither steht der 
Name Judas im christlichen Kulturkreis für das Böse schlechthin. Im 
jetzt restaurierten Judas-Evangelium wird der Verrat aber zur 
Ruhmestat: Judas ist der Einzige, der die Botschaft Jesu versteht. Er
wird von Jesus in alle Geheimnisse eingeweiht und von ihm beauftragt,
seinem Meister einen letzten Dienst zu erweisen. In der wichtigsten 
Passage des Manuskripts sagt Jesus zu Judas: «...du wirst sie alle 
übertreffen. Denn du wirst den Menschen opfern, der mich kleidet.» 
Die mit der Übersetzung beauftragten Religionswissenschaftler 
interpretieren diese Aussage so, dass Judas Jesus zwar den Tod 
brachte, ihm damit aber einen letzten Gefallen erwies. Denn mit 
seiner Hilfe konnte die leibliche Hülle Jesu, die als Werk dummer 
Gottheiten galt, ans Kreuz geschlagen werden. Dieses Manuskript 
liefert nach fast 2000 Jahren ein neues Bild der meistgehassten 
Person des Christentums. Auch die Folgen der Auslieferung sind Judas 
bewusst: "Du wirst verflucht werden", hat ihn Jesus diesem Text 
zufolge gewarnt.
Bei dem restaurierten Judas-Evangelium handelt es sich um einen 
auf Koptisch geschriebenen Kodex, der offenbar aus dem Griechischen 
übersetzt wurde. In dieser Sprache wurden im 1. und 2. Jahrhundert 
die meisten christlichen Texte verfasst. Religionswissenschaftler 
sind sich einig, dass die Schrift wichtige neue Einblicke in das 
Denken der frühen Christen gibt. Eine große Gruppe von ihnen glaubte,
dass Judas nicht aus niederen Motiven gehandelt hat.
Nach Meinung des Augsburger Religionswissenschaftlers Gregor 
Wurst, der maßgeblich an der Restaurierung und Übersetzung des 
Manuskripts beteiligt war, wollte der Verfasser des Judas-Evangeliums
vor allen Dingen provozieren: "Er suchte die Herausforderung mit 
anderen in der Diskussion um die ,richtige´ Jesus-Überlieferung", 
schreibt Wurst in der Mai-Ausgabe des NATIONAL GEOGRAPHIC-Magazins. 
Der Verfasser des Evangeliums wird dem Gnostizismus zugeordnet, einer
Glaubensrichtung, die den jüdischen Schöpfungsgedanken ablehnt. 
Unabhängig vom Wahrheitsgehalt des neuen Evangeliums wird dessen 
Interpretation neue Erkenntnisse über das Denken der gnostischen 
Christen in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts geben.
Vor seiner Restaurierung war das Manuskript über verschlungene 
Wege von Ägypten nach Europa und in die USA gelangt. Bevor die 
Zürcher Antiquitätenhändlerin Frieda Nussberger-Tchacos das 
Judas-Evangelium im Jahr 2000 für etwa 300.000 Dollar erwarb, hatte 
es stark gelitten und war so brüchig, dass es bei der geringsten 
Berührung zerbröselte. Die Händlerin übergab das Manuskript der 
Schweizer Maecenas-Stiftung für antike Kunst, die es in fünfjähriger 
penibler Kleinarbeit restaurieren und übersetzen ließ. Die National 
Geographic Society und das Waitt Institute for Historical Discovery 
finanzierten diese Arbeiten. NATIONAL GEOGRAPHIC erhielt das Recht, 
das vollständige Evangelium zu veröffentlichen. Der 26 Seiten lange 
Text ist nach Einschätzung von Experten für das frühe Christentum die
aufregendste Entdeckung seit Jahrzehnten.
Das Cover und weiteres Bildmaterial schicken wir Ihnen zur 
Illustration dieser Meldung gerne per Mail zu. Wir stellen auch gerne
den Kontakt zu wissenschaftlichen Experten her. Im Internet finden 
Sie unter www.nationalgeographic.de/judas eine gekürzte Fassung des 
Artikels der Mai-Ausgabe.

Pressekontakt:

NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND
Public Relations
Sandra Pickert/Anke Sinnigen
Brieffach 07
20444 Hamburg
Fax: (040) 3703-5590
Mobil: (0179) 3925509
E-Mail: pickert.sandra@nationalgeographic.de

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