Weg vom Arzt - Hin zum Apotheker? - Auswirkungen der Gesundheitsreform
Köln (ots)
Die Gesundheitsreform hat das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung deutlich verändert: Die Deutschen verzichten zunehmend auf Arztbesuche und behandeln sich gleichzeitig verstärkt mit rezeptfreien Medikamenten. Dies zeigt die Studie "Health Care Monitoring 2004", die das Kölner Marktforschungs- und Beratungsinstitut psychonomics AG in Kooperation mit der Acxiom Corporation (Customer Data Management) jetzt vorgelegt hat. 2.000 Bundesbürger im Alter ab 16 Jahren wurden im Mai und Juni repräsentativ zu den Themen Gesundheit, Vorsorge, Selbstmedikation und Krankenversicherungen befragt.
Mehr als jeder dritte Bundesbürger (35%) geht nach eigener Aussage aufgrund des Wegfalls der Erstattungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Medikamente bzw. aufgrund der Praxisgebühr inzwischen seltener zum Arzt. Zudem wird ärztliche Hilfe nicht mehr so schnell in Anspruch genommen: Der Anteil derer, die angeben, gleich zum Arzt gehen, wenn sie spüren, dass sie krank werden, sank im Vergleich zum Vorjahr von 46% auf 35%; 1998 lag dieser Wert noch bei 56%. Regelmäßig beim Arzt durchchecken zu lassen, beabsichtigen nur noch 57% (2003: 67%). Entgegen vieler Vorurteile suchen Männer durchschnittlich schneller ärztliche Hilfe auf als Frauen.
Parallel zur Tendenz stark rückläufiger oder verzögerter Arztbesuche zeigt sich eine weitere Zunahme der Bereitschaft zur Selbstmedikation: 58% der Bundesbürger versuchen sich bei Beschwerden zunächst selbst mit rezeptfreien Medikamenten zu helfen, 5% mehr als noch 2003; 42% begegnen gesundheitlichen Risiken auch präventiv mit verschreibungsfreien Medikamenten (2003: 34%).
Beim Kauf rezeptfreier Medikamente lassen sich 74% der Bundesbürger in der Apotheke beraten. Insbesondere bei kleineren Beschwerden fungieren Apotheker zunehmend als "Arztersatz", besonders für Personen unter 50 Jahren. Einen generellen Bedeutungsverlust von Ärzten daraus abzuleiten, wäre jedoch falsch: Medikamente, die aufgrund der Gesundheitsreform (GMG) nicht mehr erstattungsfähig sind, wollen 71% der Befragten nur auf schriftliche (48%) oder mündliche (23%) Empfehlung des Arztes kaufen. Das Modell "Grünes Rezept" findet also durchaus Akzeptanz. Bei Überlegungen über den Abschluss privater Krankenzusatzversicherungen spielt die Übernahme der Zuzahlung für verschreibungspflichtige bzw. die Kostenübernahme für verschreibungsfreie Medikamente im Vergleich zu zentralen Bausteinen wie z.B. Auslandsschutz, Krankenhaustagegeld, Krankentagegeld, Zahnbehandlung und Zahnersatz hingegen keine wesentliche Rolle.
Auch in der Verteilung der sechs Gesundheitstypen in der Bevölkerung zeigen sich die Veränderungen zum Vorjahr: Während der Anteil der besonders arztaffinen Typen "Risikoscheue Arztorientierte" (18%/-3) und "Kostenbewusste Arztgänger" (11%/-5) deutlich abgenommen hat, wächst der Anteil "Informiert-Körperbewusster" (20%/+4) und "Desinteressiert-Unbekümmerter" (15%/+4). "Gesunde Kraftprotze" (20%/0) und "Unkritisch-Wehleidige" (16%/-1) bleiben auf stabilem Niveau.
Die Studie "Health Care Monitoring 2004" ist über die psychonomics AG erhältlich. Studienleiterin ist Anja Schweitzer - 0221-42061-329 E-Mail: anja.schweitzer@psychonomics.de
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