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Kölnische Rundschau: Kommentar Russland

Köln (ots)

Schauspiel
JENS P. DORNERzur Präsidentenwahl in Russland
Begleitet von den üblichen in
ternationalen Missverständ
nissen leistete sich Russland
gestern sein pseudo-demokra
tisches Schauspiel. Auch bei
der 5. Wahl eines post-kommu
nistischen Präsidenten ging es
keineswegs um den Willen des
Volkes. Der stand ohnehin in
der Stunde fest, da sich Wladi
mir Putin vor vier Monaten hin
ter verschlossenen Türen für
Dmitri Medwedew als seinen
Nachfolger entschied. Insofern
sind Kritik an Wahlmanipulatio
nen zwar berechtigt. Sie treffen
aber die Sache nicht.
Jeden x-beliebigen Bürokraten
hätte der scheidende Präsident
mit der gleichen Gunst ausstat
ten können. Solange er selbst
den Russen als Premierminis
ter oder auf einem anderen Lei
tungsposten verbleibt, wird die
russische Mehrheit seinen Si^
gnalen folgen.
Doch wie gesagt: Um eine Wahl
im westlichen Sinne ging es
nicht. Wahlen in Russland ha
ben allein die Funktion, die vor
handene Macht zu zementie
ren. Keine demokratische Mei
nungsvielfalt mit dem Zwang
zu Kompromissen, sondern
ausschließlich die Loyalität auf
allen politischen Ebenen wird
ausgetestet.
Auch gestern stand lediglich
zur Debatte, bis zu welchem
Grad die Ergebenheit des kom
munalen, regionalen und natio
nalen Unterbaus für eine herr
schende Clique im Kreml
reicht. Statt überraschender
Wahlergebnisse war einmal
mehr der möglichst hundert
prozentige Vollzug von Vorga
ben dieser Clique gefragt.
Spannend bleibt die Wahl den
noch über dieses Fazit hinaus.
Weder ist sicher, dass Medwe
dew wirklich auf Dauer die Pa
tenschaft von Wladimir Putin
toleriert. Zumal bei den drän
genden Problemen in der Wirt
schaft und im Sozialwesen geht
der ehrgeizige Zögling des
Kreml-Chefs vielleicht schon
eher früher als später auf Dis
tanz.
Noch weiß zudem vermutlich
nicht einmal Medwedew,
was Putin letztendlich will. Erst
in einem halben Jahr lässt sich
sagen, ob nicht auch das von
internationalen Beobachtern
als Tandem in der Staatsfüh
rung bezeichnete Herrschafts
gespann Medwedew-Putin ein
Missverständnis ist.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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