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Kölnische Rundschau: Kommentar zur SPD

Köln (ots)

Viel verloren
NORBERT WALLET, Berlin,zu Kurt Beck
Alles, was er in den vergange
nen Wochen verloren habe,
seien fünf bis sechs Kilo Ge
wicht, witzelte SPD-Parteichef
Kurt Beck gestern bei seinem
mit Spannung erwarteten Auf
tritt vor der Bundespressekon
ferenz.
In Wahrheit hat er viel mehr
verloren. Seine Glaubwürdig
keit zum Beispiel und damit
sein wichtigstes Pfund, da sei
ne Sympathiewerte bundesweit
immer schon bescheiden gewe
sen sind. Auch die Gefolgschaft
weiter Teile seiner Partei. Und
vermutlich auch die Aussicht
auf die Kanzlerkandidatur.
Dass er in der prekären Situati
on der Partei Vorsitzender blei
ben kann, verdankt er nur der
Einsicht, dass das Rotations
prinzip in der Politik weniger
taugt als im Fußball.
Kurt Beck selbst macht freilich
eine ganz andere Rechnung
auf. Wenn der Pulverdampf ver
flogen sein wird und die Öffent
lichkeit sich gedanklich an
Linksbündnisse auch im Wes
ten gewöhnt haben wird, dann
stünde die SPD strategisch
bestens da: koalitionsfähig
nämlich mit allen Parteien.
Und wenn nicht mehr von Wort
bruch die Rede sein wird, son
dern von Inhalten, könnte man
feststellen, dass Sozialdemo
kraten und Linkspartei tatsäch
lich in vielen Punkten verwand
te Positionen haben: Mindest
lohn, Studiengebühren, Bahn
reform, Erbschaftssteuer, Ma
nager-Abfindungen - hier und
in vielen anderen Sachfragen
ist die SPD näher an den Lin
ken als etwa an den Freien De
mokraten.
Mag gut sein, dass der rhein
land-pfälzische Ministerpräsi
dent die Früchte seines
Schwenks nicht mehr wird ern
ten können. Aber er eröffnet -
ob man das nun skandalös fin
det oder nicht - der Sozialde
mokratie in einem sich offenbar
verfestigenden Fünf-Parteien-<>
System in Parlamenten wenigs
tens die Aussicht auf neue Opti
onen.
Deshalb hat die Union abso
lut keinen Grund, dem
Beckschen Hessen-Fiasko mit
bloßer Schadenfreude zu be
gegnen. Sie braucht eine stra
tegische Antwort. Schwarz-<>
Grün wäre eine solche, weil sie
auch ihr neue Optionen schafft.
In Hamburg wird diese gerade
ausgetestet.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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