Kölnische Rundschau: Zur SPD-Rentenpolitik
Köln (ots)
Verantwortungslos
RAIMUND NEUSS
Angriff einer Regierungspartei auf die Regierungsarbeit: Das SPD-Präsidium versucht mit dem heute anstehenden Beschluss zur Altersteilzeit jene Rentenreform zu liquidieren, an der die SPD in der großen Koalition selbst entscheidenden Anteil hatte.
Hier geht es nicht um Kosmetik wie beim vorübergehenden Aussetzen der Rentenformel. Nein, wer allen Ernstes den Ausstieg aus dem Berufsleben schon ab dem 60. Geburtstag organisieren will, der startet den Generalangriff auf die Rente mit 67. Ein SPD-Chef, der so agiert, muss derart verzweifelt sein, dass er sich mit Linken-Chef Oskar Lafontaine in einen Wettstreit darüber einlässt, wer der härteste Oppositionsführer in diesem Land ist. Die noch zumindest für ein Jahr zu tragende Regierungsverantwortung interessiert das SPD-Präsidium offenkundig einen feuchten Kehricht.
Kein Argument, das die SPD für ihre Wende vorbringt, kann überzeugen. Einen Vorruhestand für körperlich besonders belastete Arbeitnehmer können die Tarifpartner organisieren. Unrealistisch ist die Erwartung, Altersteilzeit werde mehr Stellen für Junge freimachen. In keinem Fall wird nachzuweisen sein, dass der junge Kollege, der da eingestellt wird, seinen Job nicht ohnehin erhalten hätte - auch wenn kein Älterer in Teilzeit gegangen wäre. Wir gehen Zeiten entgegen, in denen ohnehin Mangel an lernfähigen Auszubildenden und jungen Fachkräften herrschen wird. Die Nachfrage nach ihnen muss man nicht anheizen.
Sinnvoll kann flächendeckende Altersteilzeit allenfalls sein, wenn ohnehin Arbeitsplätze wegfallen müssen. Das Gegenteil ist heute nötig. Allgemein wird vor Armutsrisiken und einem Schwinden des Mittelstandes gewarnt. So etwas lässt sich nur verhindern, wenn möglichst viele Bürger von eigener Arbeit leben. Wer sie statt dessen mit 60 zu Transferempfängern machen will, wetteifert mit den Linken nicht nur ums härteste Oppositionsverhalten, sondern auch um die möglichst brutale Zerstörung von Lebenschancen.
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