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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum EU-Gipfel

Köln (ots)

Zu dicht am Strafraum
KNUT PRIES, Brüssel, zum EU-Gipfel
Eines muss man der EU las
sen: Beim Durchwursteln ist
sie eine Klasse für sich. Auf die
große Vertragskrise antworten
die Staats- und Regierungs
chefs mit Kleingedrucktem.
Das Schwert, mit dem man di
cke Knoten zerschlägt, bleibt
wieder mal stecken. Statt des
sen ist hochelastisches Formu
lierungsgummi im Angebot,
nach dem Motto: Sieht nicht
toll aus, hält aber den Lissa
bon-Vertrag zusammen.
Wenn man Angela Merkel hört,
ist das Wursteln geradezu die
Königsdisziplin europäischer
Politik. Es ist wie nach einem
vergurkten Spiel der National
mannschaft. Da rauft man sich
die Haare, geht in sich, über
prüft alles gründlich. Aber
dann kommt das nächste Spiel,
und die Frage stellt sich konkret
und schlicht: Wen wechseln wir
aus? Also: Voran kommt man
nicht mit Gezeter und Träume
reien, sondern nur, wenn man
in der Lage ist, den nächsten
Schritt zu tun. Dieser Pragma
tismus hat einiges für sich. Auf
der Strecke bleibt freilich ein
Ansatz, wie die Veranstaltung
Europa wieder zur Herzensan
gelegenheit gemacht werden
kann. Nicht unbedingt als Lei
denschaft, wohl aber als grund
sätzliches Einverständnis.
Auch in der Bundesrepublik
sind die Menschen ihrem Staat
und seinen Lenkern nicht in rei
ner Liebe zugetan. Gäbe man
ihnen Gelegenheit abzustim
men, was sie von "der Politik"
halten, würde man nicht mehr
Zustimmung ernten als die iri
sche Regierung mit ihrer Euro
pa-Frage. Was aber nicht hieße,
dass die Deutschen lieber in ei
nem anderen Gemeinwesen le
ben würden.
Diese selbstverständliche Bil
ligung der Verhältnisse ist
der EU abhanden gekommen.
Es gab sie Jahrzehnte lang: für
die Überwindung alter Feind
schaften, für die Abschaffung
der Grenzen, für den Binnen
markt. Sie ist abhanden ge
kommen mit der Ost-Erweite
rung. Seither ist Europa in der
Defensive - wenn es gut geht
eine Notwendigkeit, aber Wert
nur für eine Minderheit. Der
Gipfel hat einen Weg aus dem
Schlamassel ins Auge gefasst.
Doch die EU bleibt in der De
fensive. Wie heißt es bei der
EM: Sie lassen sich zu sehr an
den Strafraum zurückdrängen

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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