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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Georgien

Köln (ots)

Machtdemonstration
JENS P. DORNER, Moskau, zu Georgien
Die Inszenierung war oscar
verdächtig. Punktgenau
zwischen den Bildern in den
Morgenzeitungen, die einen pa
nischen georgischen Präsiden
ten Michail Saakaschwili auf
Knien zwischen seinen Leib
wächtern zeigten, und dem
Empfang für Friedensmissionar
Nicolas Sarkozy erhob sich
Dmitrij Medwedew zu zaristi
scher Größe: Als Oberbefehls
haber habe er den Militärein
satz in Georgien beendet. Für
das neue Russland ist es ein
Sieg auf sowjetischer Linie.
Nach eigenem Gutdünken hat
te der Kreml eine Strafexpediti
on gegen einen kleinen Nach
barn eingeleitet. Während
Russlands Soldaten jenseits
völkerrechtlicher Grenzen un
gestört kämpfen konnten, ge
noss der Kreml die westliche
Machtlosigkeit. Für die eigene
Bevölkerung ohne erkennbaren
Druck von außen, stoppte Mos
kaus Führungselite schließlich
ihre Offensive: um sie jederzeit
wieder zu beginnen, sofern
nach Medwedews Worten
nationales Interesse besteht.
Nun wird Russland die Früchte
der Operation ernten. Da wird
zum Beispiel das wieder schar
fe Instrument eines überwun
den geglaubten Militarismus,
das sich zur modernen Macht
politik mit Energieressourcen
gesellt, Furcht einflößen. Da ist
die Binnenwirkung eines Blitz
sieges, der noch vor wenigen
Jahren unmöglich schien. Aus
schließlich Moskaus Machtzen
trale regelt nun wieder das
Schicksal aller ehemaligen So
wjetrepubliken, tönt es aus
dem Kreml: Im Kaukasus, bald
in der Ukraine und irgendwann
auch wieder im Baltikum sollen
russischer Einfluss und Diktate
erneut Fakt werden.
Doch genau betrachtet ist
Russlands Triumph keines
wegs so strahlend wie verkauft
und für Moskau zweischneidig.
So bleiben die komplexen Kon
flikte im Kaukasus auch nach
der Intervention präsent und
brandgefährlich. Der berüchtig
te "weiche Bauch" an der russi
schen Südflanke würde auch
innerhalb von Föderationsgren
zen für zahllose Bürgerkriege
reichen. Trotz oder gerade we
gen der gestrigen Siegesmel
dung sind die sozialen Proble
me chronisch. Und mehr als ei
ne oberflächliche Lösung fiel
auch dem Kreml nie ein.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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