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Kölnische Rundschau: zu USA/Biden

Köln (ots)

Friedemann Diederichs
Obamas Machtkalkül
Die größte Stärke von Barack Obama war bisher seine
jungenhafte Botschaft des Wandels. Nun, mit der Wahl
des erfahrenen Washington-Insiders Joe Biden als
Vizepräsidentschafts-Kandidaten, versucht er seine größte
Schwäche auszugleichen: Das fehlende außenpolitische Gewicht,
das ein Nachfolger von George W. Bush angesichts der vielen
Herausforderungen - vom Irak, über Afghanistan, den Nahen
Osten oder Georgien - dringend benötigt.
Die Gefahr, sich vorwerfen lassen zu müssen, gegen die
eigene Philosophie verstoßen zu haben, nehmen Obama und
seine Berater dabei bewusst in Kauf. Denn zehn Wochen vor
der Ziellinie ist der Vorsprung des 46-Jährigen auf John
McCain stetig geschrumpft, und Obama wirkte bei den
jüngsten Attacken aus dem Republikaner-Lager seltsam gehemmt.
Nun steht ihm nach einer von klarem Machtkalkül geprägten
Entscheidung ein Vollbut-Politiker zur Seite, der als
erstklassiger Debattierer gilt - eine wichtige Ergänzung für
den oft akademisch wirkenden Obama in einem Wahlkampf,
der immer schmutziger werden dürfte.
Der von McCain nach seiner Europareise als "Welt-Superstar" 
verhöhnte Obama erlag nicht der Versuchung, eine Persönlichkeit 
auszuwählen, die einen kurzfristigen Show-Effekt erzeugt hätte
- wie ein Tandem Obama/Hillary Clinton. Mit dem Umstand,
dass die Republikaner nun eifrig Werbespots ausstrahlen lassen,
in denen der frischgekürte Vizekandidat Biden während der
Vorwahl-Debatten Obama die Eignung zum Präsidenten absprach,
kann Obama leben. Derartige Rituale der üblen Nachrede gehören
zum US-Wahlkampf.
Aus europäischer Sicht sollte die Kür Bidens jedenfalls
eigentlich Beifall finden. Seine jahrzehntelange Beschäftigung
mit weltpolitischen Themen auf dem Kapitolshügel und sein
Einsatz für eine Wende in der US-Klimaschutzpolitik bieten
zumindest die Grundvoraussetzung dafür, dass sich bei einem
Wahlsieg Obamas das zuletzt arg ramponierte transatlantische 
Verhältnis verbessert.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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