Kölnische Rundschau: zu Becks Autobiografie
Köln (ots)
CLAUDIA LEPPING
Zum Beleidigtsein gehört eine Menge Zeit. Wer viel zu tun hat, kann diesem Zustand nicht viel abgewinnen. Kurt Beck hatte Monate Zeit, eine Autobiografie zu schreiben. Und auch hier lässt er ein gewisses Maß jener Ehrzimperlichkeit durchklingen, die er zuletzt an den Tag legte, als er in Mainz von internen Intrigen sprach, die ihn den Job als SPD-Chef gekostet hätten. Nun auch noch sein Buch; ge nauer: das Vorwort. Als wäre nicht längst klar geworden, wie weit er und sein designierter Nachfolger Franz Müntefering sich von einander entfernt ha ben, muss Beck nun zu ihm auf Distanz gehen. Was auffällt in Becks Abrechnung ist, dass es vor allem Stilfragen sind, von denen er sich abgrenzt. Mit Münteferings Art ist Beck noch nie zurechtgekommen. Wäh rend Beck stets darauf bedacht war, die SPD politisch nicht ein zumauern, beharrt Müntefering seit jeher auf klarer Kante. Sol che Spannungen auszuhalten, ist ein wichtiges Merkmal von Volksparteien.
Doch mit ihnen leben und die Partei trotzdem und erst recht führen, hat Kurt Beck nicht län ger gewollt - oder tatsächlich nie gekonnt. Einerseits. Ande rerseits: So spannend solche persönlichen Befindlichkeiten zwischen zwei Parteiprominen ten auch sein mögen, so sehr stellt Beck sie über jenen Rich tungsstreit, den er mit seiner wankenden Position gegenüber der Linkspartei ausgelöst hat. Beck lebt gewissermaßen nach dem gleichen Motto, mit dem er auch seine Autobiografie verkaufen könnte: Ich habe nicht alles richtig gemacht, aber wie andere mit mir umge sprungen sind - pfui. Die neue SPD-Spitze weiß, dass Beck dem linken Parteiflügel noch immer aus der Seele spricht. Entsprechend signalisieren Müntefering und Steinmeier, dass sie ihren Ex-Chef einbin den wollen. Aber noch ist es viel zu früh, darin ein Friedensangebot oder ein Signal zur Versöhnung zu erkennen. Steinmeier und Müntefering bleibt ohnehin nichts anderes, als nach vorn zu schauen. Ob Beck mitgehen will, muss er schon selbst ent scheiden. Zum Beleidigtsein ist die Zeit vorbei.
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