Kölnische Rundschau: zur CSU:
Köln (ots)
RALF MÜLLER
Es mache ihm großen Spaß, Politiker zu sein, versichert CSU-Chef Erwin Huber immer wieder. An seiner Miene konnte man das freilich schon im Wahlkampf nicht ablesen. Nach dem Wahlsonntag gibt der Niederbayer, der einen "Kreuzzug" gegen die Linkspartei ausgerufen hatte, vollends den leidenden Büßer, der sein Kreuz bis zum Ende tragen will. Politisch überleben, das ist ihm klar, wird er das beispiellose Wahldesaster höchstwahrscheinlich nicht. Bis er den Stab auf einem Sonderparteitag am 25. Oktober weiterreichen muss, steht ihm noch einiges bevor. Man kennt das aus früheren CSU-Krisen: In solchen Situationen wird täglich aus der Deckung auf das waidwunde Wild angelegt, bis es erlegt ist. Die Treueschwüre und das "Einvernehmen" in CSU- Vorstandssitzungen sind nicht allzu viel wert, wie Huber selbst am besten weiß. Noch wenige Wochen vor dessen Sturz schwor das CSU-Führungsgremium seinem Vorgänger Edmund Stoiber unverbrüchliche Treue. Noch einmal ist es Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein gestern gelungen, den Deckel auf dem Topf zu halten. Wird das komplette CSU-Führungstandem abgelöst, droht ein unkontrollierter Machtkampf. Denn CSU-Vize Horst Seehofer ist in der CSU- Funktionärsebene höchst umstritten, und auch alle anderen für die beiden Spitzenämter in Frage kommenden Kandidaten genießen nicht die ungeteilte Unterstützung der Partei. In dieser Situation gibt es nur eines: Wogen glätten und Zeit gewinnen. Immerhin muss die CSU parallel etwas tun, was sie seit 1954 nicht mehr getan hat: Koalitionsverhandlungen führen. Und das mit sehr selbstbewussten Partnern. Viel Zeit bleibt der CSU-Führung nicht, um eine halbwegs überzeugende "Neuausrichtung" zu präsentieren. Das wird nicht mehr in Hinterzimmern in Kreuth oder München funktionieren. Nachdem der Zug auf den Prellbock gekracht ist, wird die Parteibasis darauf bestehen, selbst zu entscheiden.
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