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Kölnische Rundschau: Kommentar zur Lage in Indien: Zerrissen
von Raimund Neuß

Köln (ots)

Vorsicht mit schnellen Analysen! Natürlich ist so
mancher daran interessiert, sofort Verantwortliche für die 
Anschlagserie von Bombay zu benennen. Die indische Regierung etwa 
sucht die Hintermänner gern im Ausland. Aber was, wenn sie - auch -
im eigenen Land zu finden wären?
Das gezielte Vorgehen gegen Briten und Amerikaner mag von El Kaida
inspiriert sein. Es wird über die Sprache der Attentäter spekuliert, 
aber Hindi und das außer in Indien auch in Pakistan gesprochene Urdu 
sind so eng verwandt, dass sich daraus die Herkunft der Täter nicht 
belegen lässt. Da sollten die Behörden ruhig an Urheber im eigenen
Land denken.
Indien wird von Konflikten erschüttert: militante Hindus gegen 
Muslime, militante Muslime gegen Hindus, Christen und jetzt auch 
Juden. Wenn es stimmt, dass die "Deccan Mudschahedin" zum Kreis der 
"indischen Mudschahedin" gehören, dann führt die Spur
zum Ableger einer islamistischen Studentenbewegung, der im Juli 2006 
Bombenattentate auf Züge in Bombay verübt hatte. Bilanz damals: 187 
Tote. Vergessen wir anderseits nicht die von einer 
hindu-nationalistischen Landesregierung zumindest geduldeten Pogrome
in Gujarat von 2002, bei denen 2000 Muslime starben: Wenn ein Muslim 
in Indien auf radikale Ideen kommt, müssen die Motive nicht erst aus 
Pakistan geliefert werden. Das schließt Unterstützung von dort nicht 
aus.
Was soll man den indischen Behörden da raten? Ausländer verweisen 
auf die Armut im Lande, aber Sozialprogramme imponieren radikalen 
Studenten nicht. Auch Repression allein kann keine Lösung sein. 
Erstens ist Indien anders als China eine - wenn auch nicht makellose 
- Demokratie, zweitens gehen die Behörden ohnehin gern brutal vor und
liefern so Vorwände für neue Gewalttaten. Viel wäre schon gewonnen, 
wenn die Regierung endlich auch Hindu-Nationalisten als das 
wahrnehmen würde, was sie sind: Extremisten, denen ebenso entschieden
zu begegnen ist wie ihren islamistischen Gegnern. Und wenn der Westen
dieses riesige Land als Partner in der Sicherheitspolitik endlich 
ernst nähme.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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