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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Finanzkrise/Schulden

Köln (ots)

KOMMENTAR
Zukunftsblind
NORBERT WALLET, Berlin, zu den Staatsschulden
Niemand soll sich täuschen:
Wirtschaftlich zieht ein Ge
witter herauf, wie es die Bun
desrepublik noch nicht erlebt
hat. Ab einer gewissen Größe
verlieren Zahlen ihren Realitäts
bezug. Das arbeitet denen in
die Hände, die gerne groß aus
geben: Schon jetzt wird für
2009 mit einer Neuverschul
dung des Bundes von 30 Milli
arden Euro gerechnet - neun
Milliarden mehr als aktuell ver
anschlagt. Sollte die Rezession
heftig ausfallen, wird der Wai
gelsche Rekord von 40 Milliar
den Euro locker übersprungen.
Der FDP-Experte Fricke sieht
die Neuverschuldung schon
dicht bei 50 Milliarden Euro.
Jetzt muss geklotzt werden.
Das ist die neue Melodie. Die
Kanzlerin hat sich bisher gewei
gert, sie mitzupfeifen. Das ist
gut so. In Europa hat sie diese
Position tapfer vertreten. Aber
sie zu Hause weiter durchzuhal
ten ist schwer. Auch in der Uni
on kommt Merkel unter Druck.
Es kann gut sein, dass ange
sichts der Heftigkeit der Re
zession noch ein Konjunkturpa
ket geschnürt werden muss.
Dass dies zu einem schwindel^
erregenden Weitertreiben der
Verschuldung führt, zeigt vor
allem das Versagen des Staates
in guten Zeiten. Es ist nicht ge
nug konsolidiert worden. Und
es ist besorgniserregend, dass
die gesamte Ausgabendebatte
nicht mit der kleinsten Andeu
tung darüber verknüpft wird,
wo der Staat sparen soll. Mehr
Geld ausgeben, ohne an ande
rer Stelle zurückzufahren, ist ei
ne Rechnung auf Kosten künfti
ger Generationen.
Es gibt noch eine verschärfte
Variante der Zukunftsblindheit.
Zweifellos lässt sich argumen
tieren, dass unser Steuersys
tem schwer überschaubar ist
und Leistung bestraft. Ein ein
faches Steuerrecht ist erstre
benswert. Aber dass der Staat
Milliarde um Milliarde - die er
gar nicht hat - ausgibt, um die
Wirtschaft anzukurbeln, gleich
zeitig aber auf Einnahmen ver
zichten soll - das passt bei al
ler finanzpolitischer Fantasie
einfach nicht zusammen. Des
halb täte auch die größte Regie
rungspartei sehr gut daran, kei
ne Steuer-Versprechen zu ma
chen, die sie garantiert nicht
halten kann. Und es gibt auch
eine Zeit nach der Krise. Auch
dann muss der Staat noch
handlungsfähig sein.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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