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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Mindestlohn

Köln (ots)

Ende einer Dauerfehde
MARKUS GRABITZ, Berlin, zum Thema Mindestlohn
Wer gedacht hatte, die Ko
alition sei im Wahljahr in
Fronten erstarrt, hat sich ge
täuscht. Und sie bewegt sich
doch, sie rafft sich zu Entschei
dungen auf, die über das zwin
gend erforderliche wirtschaftli
che Notfallmanagement weit
hinaus gehen. Sie ist sogar
noch dazu in der Lage - mit ei
nem Wahltermin in Sicht - eine
Dauerfehde beizulegen.
Gemeint ist der Durchbruch bei
den Mindestlöhnen. Neben
dem außergewöhnlich ge
schickten Vorgehen von Ar
beitsminister Olaf Scholz
(SPD) kam die Einigung nur zu
stande, weil die Union massiv
ihren Kurs geändert hat. Über
Jahre hatte sie - im übrigen
völlig zu Recht - erhebliche Be
denken dagegen angemeldet,
dass sich der Staat in die Lohn
findung einmischt. Diese prin
zipiellen Bedenken hat sie nun
hintan gestellt.
Dieser Schwenk in der Merkel-<>
Partei wäre wohl deutlich kom
plizierter geworden ohne die
staatsinterventionistischen Er
eignisse der letzten Monate.
Wer sich als Staat dazu ge
zwungen sieht, bei Großbanken
einzusteigen, muss ordnungs
politisch so manche Skrupel
verloren haben. Da kommt es
dann auf eine Handvoll Bran
chen mit Mindestlöhnen mehr
oder weniger auch nicht mehr
an. Da sind sie Schmerzgren
zen deutlich geringer gewor
den.
Hinzu kommt: In der Sache, da
sind sich alle Experten einig,
richtet der nun beschlossene
Mindestlohn keinen großen
Schaden an. Die befürchtete
"Mindestlohn-Orgie" findet
nicht statt, wenn in sechs wei
teren Branchen Lohnuntergren
zen eingeführt werden.
All das ist kein Grund, den
Schwenk der Union zu beju
beln. Die Bedenken bleiben.
Mit den gestern beschlossenen
Gesetzen verschafft sich der
Staat das Instrument, um in die
Lohnfindung einzugreifen. Das
über Jahrzehnte hoch gehalte
ne Prinzip der Tarifautonomie
wird damit verletzt. Der Staat
versetzt sich nämlich selbst in
die Lage, Tarifverträge auszu
hebeln. Künftig kann der Ar
beitsminister Löhne festsetzen.
Auch wenn die konkreten Fol
gen diesmal begrenzt sind: ein
Sündenfall ist das schon.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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