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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Karlsruhe/EU-Vertrag

Köln (ots)

Einwände unplausibel
KNUT PRIES, Brüssel, zum EU-Reformvertrag
Die Karlsruher Verfahren ge
gen den EU-Vertrag gehö
ren mittlerweile zur deutschen
Politik wie "Dinner For One" zu
Silvester. Steht in Deutschland
die Ratifizierung einer neuen
Geschäftsordnung der EU an,
ist der CSU-Abgeordnete Peter
Gauweiler zuverlässig zur Stel
le. Seine Einwände - das gilt
auch für die der anderen Be
schwerdeführer - sind in der
jetzt anhängigen Runde nicht
plausibler geworden.
Es gibt zwei fundamentale Kri
tikpunkte: die schleichende
Zentralisierung und das Demo
kratiedefizit. "Brüssel" habe
die Neigung, immer mehr
politische Zuständigkeit an sich
zu ziehen. Zugleich schwinde
die Möglichkeit des Bürgers, an
den Entscheidungen mitzuwir
ken und sie zu kontrollieren.
Beide Probleme gibt es. Es
handelt sich aber nicht um
Fehlentwicklungen, die mit
dem Lissabon-Vertrag ver
knüpft wären. Im Gegenteil:
Der neue Vertrag tut einiges,
sie zu korrigieren.
Eine große Verschiebung nati
onaler Souveränität nach
Brüssel findet diesmal nicht
statt. Dafür werden die europäi
schen Zuständigkeiten schärfer
abgegrenzt und erstmals rück
holbar gemacht. Vor allem aber
wird die Frage der Zuständig
keit einer systematischen Kon
trolle unterworfen.
Dabei spielen die nationalen
Parlamente eine Hauptrolle.
Sie bekommen erhebliche Be
fugnisse, dem europäischen
Regulator in den Arm zu fallen
("gelbe Karte") und ihn zu stop
pen ("rote Karte"), wo immer
er übers Ziel hinaus schießt.
Der Bundestag und die Volks
vertretungen der anderen Mit
gliedstaaten werden also nicht
von der politischen Gestaltung
auf europäischer Ebene abge
schnitten, sondern im Gegen
teil erstmals nennenswert in
dieselbe einbezogen. Weil zu
gleich das EU-Parlament, ein
zig direkt gewähltes EU-Organ,
erneut sein Gewicht vergrößert,
kann insgesamt von einer Aus
höhlung der Rechte des demo
kratischen Souveräns nicht die
Rede sein. Was nicht heißt,
dass Europa eine bürgernahe
Veranstaltung wäre. Aber dem
Übel ausgerechnet durch die
Verhinderung eines Vertrages
beikommen zu wollen, der es
lindert, ist daneben.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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