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Kölnische Rundschau: zu Demjanjuk/Auslieferung

Köln (ots)

Der mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk
ist nach seiner Auslieferung durch die USA in Deutschland
angekommen. Bald wird Anklage gegen ihn erhoben. Es wird,
so es die Gesundheit des 89-Jährigen zulässt, in München
zu einem Gerichtsverfahren kommen. Gut so.
Allerdings ist es wichtig, die richtigen Gründe zu nennen,
warum es gut so ist. Denn da gerät einiges durcheinander. Es
wird gesagt, es habe einen großen symbolischen Wert, wenn
einer der letzten lebenden mutmaßlichen Kriegsverbrecher in
Deutschland verurteilt würde. Mag sein, aber in einem Strafverfahren 
geht es nicht um Symbolik.
Denn ein Schuldspruch steht nicht für irgendetwas Drittes.
Strafrechtlich relevante Schuld ist persönlich, steht für sich.
Nur für sich. Genau so wenig ließe sich aus einem möglichen
Freispruch für Demjanjuk ein mangelndes deutsches Engagement bei der 
Aufarbeitung von NS-Straftaten ableiten.
Falsch ist übrigens auch die Erwartung, hier werde möglicherweise 
einer der letzten großen Drahtzieher der NS-Tötungsmaschinerie 
abgeurteilt. Demjanjuk war nach Auffassung der Anklage ein so 
genannter "Hilfswilliger" im Todeslager Sobibor. Als kriegsgefangener
Ukrainer war die Ausbildung zum SS-Schergen sein Weg, dem Tod zu 
entkommen.
Das wird seine Schuld kaum mindern, aber es ordnet ihn anders ein in 
die Hierarchie des Terrors. Mit Prozess und Urteil ginge ein 
jahrzehntelanges Verfahren zu Ende. Das ist auch eine Erleichterung 
für die Nebenkläger, die zu den überlebenden Opfern aus Sobibor 
gehören. Das Urteil kann Rechtsfrieden schaffen, indem es einen 
quälenden Schwebezustand beendet. Deshalb brauchen wir ein Urteil. 
Dass es angemessene Sühne bedeuten kann, wird man angesichts des
Alters des Angeklagten nicht glauben. Das Urteil ist das
wichtige. Ob es wirklich noch Sinn macht, an einem dann 90-Jährigen 
das "Lebenslänglich" zu vollstrecken, ist eine andere Frage.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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