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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu 60 Jahre Grundgesetz

Köln (ots)

In fester Verfassung
JOST SPRINGENSGUTH zum Jubiläum des Grundgesetzes
In geschichtlichen Dimensionen bemessen sind 60 Jahre ein Atemzug.
Historiker
gehen in Jahrhunderte, wenn sie große Abschnitte der Entwicklung 
territorialer und
staatlicher Strukturen einordnen. Ist es also möglich, 60 Jahre nach 
Inkrafttreten
des Grundgesetzes dieses Basis-Regelwerk für unseren Staat sicher zu 
bewerten? Vom
Namen her ist es ein Provisorium geblieben. Wäre es für die 
demokratische Ewigkeit,
so sollte es doch Verfassung heißen. So kann man nur zu diesem 
Zeitpunkt innehalten
und fragen: In welcher Verfassung befindet sich unser Grundgesetz zu 
einem Zeitpunkt,
der im übertragenen Sinn ins beginnende Rentenalter eines Menschen 
fällt.
Nein, alt geworden ist die verfassungsrechtliche Antwort auf die 
Instabilität der
Weimarer Verfassung nicht. Als am 23. Mai 1949 unser Grundgesetz in 
Kraft trat, stand
fest: Nach den Wirren der Zeit zwischen zwei Weltkriegen, der 
Nazidiktatur und dem
Zusammenbruch bekam Deutschland ein stabiles Fundament für den 
staatlichen Wiederaufbau
- allerdings mit der Einschränkung der Gültigkeit nur für einen Teil 
des Landes. Es
war die vorläufige Verfassung für Westdeutschland mit dem Ziel der 
Wiedervereinigung.
In dieses Jahr 2009 fällt gleichzeitig die Erinnerung daran. Nach 
dem Fall der Mauer
vor 20 Jahren erlangte das Grundgesetz im Einigungsprozess seine 
Gültigkeit für Gesamtdeutschland
in den nach dem Krieg gezogenen Grenzen. Entscheidend dafür, dass 
nach der Wende keine
neue Verfassung entwickelt wurde, waren die guten Erfahrungen. Das 
Grundgesetz wurde
auf die neuen Bundesländer übertragen. In der alten Bundesrepublik 
Deutschland funktionierten
die Grundrechte, gab es eine starke verfassungsrechtliche 
Legitimation für eine stabile
Demokratie und weiter die Sicherheit, die die vier Mütter und die 61 
Väter des Grundgesetzes
gewahrt wissen wollten: der neue Staat sollte konstitutionell 
gefestigt, gegen jede
Zentralmacht oder gar Diktatur föderal abgesichert, die Demokratie 
wehrhaft sein und
die Menschen unter dem Schutz von Grundrechten stehen. Alles hat sich
bewährt.
Natürlich hat es große Debatten gegeben, als es um die 
Wiederbewaffnung und
die Einführung der Wehrpflicht ging; dann um die Notstandsgesetze 
oder um die Ostpolitik.
Die erbitterten Auseinandersetzungen haben zur Festigung der 
Verfassung beigetragen,
in der sich unsere Demokratie befindet. Das wird so weiter gehen, 
wenn etwa das Bundesverfassungsgericht
in seiner starken Rolle in den Prozess der Europäischen Entwicklung 
hineingrätschen
sollte. Auch das gehört zu den Prinzipien des Grundgesetzes: Für die 
Deutschen ist
die Annahme der Europäischen Verfassung nach dem Vertrag von Lissabon
keine Sache
einer Volksabstimmung, sondern wird das Ergebnis eines Prozesses in 
Karlsruhe sein.
Das verfassungsrechtliche Korrektiv der Politik gibt der Festigkeit 
der deutschen
Demokratie eine besondere Prägung.
Zu den aktuellen politischen Diskussionen gehört gerade in diesem 
Jubiläumsjahr
von Verfassung und Einheit die Frage, ob man nicht doch einen neuen 
Verfassungsprozess
einleiten sollte, um besonders den Befindlichkeiten in den neuen 
Bundesländern entgegen
zu kommen. Solche Überlegungen sind mehr emotional geprägt als von 
staatsrechtlicher
Vernunft getragen. Davon sollte man sich gerade in 
Verfassungsdebatten frei machen,
so sehr sich auch der "angeschlossene Teil" der Deutschen 
zurückgesetzt fühlt. Dabei
liegt die Schuld an den Verhältnissen nicht bei den Menschen, sondern
wir haben es
mit den Folgen eines untauglichen Systems der DDR zu tun.
Die größte Frage für die Zukunft des Grundgesetzes wird nicht die 
nach einer Neuformatierung
als Verfassung sein, sondern: wie resistent wird sie im weiteren 
Prozess der europäischen
Integration und der Globalisierung sein.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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