Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Strom aus der Wüste
Köln (ots)
Reelle Chancen
RAIMUND NEUSSzum Strom aus der Wüste
Science Fiction? Nein, im kleinen Maßstab heute schon Realität und im großen vielleicht in 40 Jahren. Das gestern vorgestellte "Desertec-Projekt" setzt auf bekannte Techniken: Solarthermische Kraftwerke, die Sonnenwärme teilweise direkt zur Stromproduktion nutzen und teilweise speichern, so dass sie rund um die Uhr laufen können. Dazu die Hochspannungs-Gleichstromübertragung über weite Distanzen bei geringen Verlusten.
Es könnte also wirklich ernst werden. Wie ernst, das macht schon die Zusammensetzung des Wüstenstrom-Konsortiums um den Versicherungsriesen Münchner Rück deutlich. Hier wird keine Utopie via Faltblatt verteilt, sondern hier geht es um konkrete Machbarkeit und damit auch um greifbare Chancen und Risiken. Ein Risiko, aber nicht das größte, ist die Finanzierung: Verteilt auf 40 Jahre werden aus 400 Milliarden Euro Beträge, die die beteiligten Konzerne durchaus aufbringen könnten.
<$19>O<$0>ffensichtlich ist eine andere Schwierigkeit viel größer: die möglichen Solarkraftwerke würden in einer Region gebaut, in der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Mangelware sind. Welche Sahara-Länder sind politisch stabil und als Energielieferanten verlässlich? Wie werden sie mit der Natur und mit den Menschen umgehen, die in und mit der Wüste leben? Die Sahara ist kein leeres Terrain, das man sich ohne Rücksicht auf ökologische Zusammenhänge und die Bedürfnisse nomadischer Völker einfach mit Hilfe von Polizeischergen aneignen dürfte.
<$19>L<$0>egen die Desertec-Planer ihr Projekt aber politisch klug an, dann wird aus dem Risiko eine Chance: Saubere Energie nicht nur für Europa, sondern auch für die zum Teil von Ölimporten abhängigen Staaten der Region; Arbeit und Wachstumschancen für Menschen, die heute aus Verzweiflung nach Europa fliehen. Europa sollte sich aber eben so wenig einseitig von Strom aus Nordafrika abhängig machen wie von Gas aus Russland, sondern nach wie vor auch in heimische Energien und in Energiesparmaßnahmen investieren.
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