Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur CSU
Köln (ots)
Nicht im Reinen
RALF MÜLLER, München,zum CSU-Parteitag
Horst Seehofer hat sich in den neun Monaten seit seiner Wahl zum CSU-Vorsitzenden für die Partei aufgeopfert, wie er selber erzählt. Er hat gerackert bis über seine physischen Grenzen hinaus. Und er war erfolgreich: Mit 48,1 Prozent bei der Europawahl ist die Partei wieder an die alte Form herangerückt.
Und trotzdem: Nur 710 von 878 Delegierten stimmten bei seiner Wiederwahl als Parteichef mit "Ja". Ein kraftvolles Votum für die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs blieb auch für den CSU-Spitzenkandidaten Peter Ramsauer aus: Nur 627 Delegierte unterstützten ihn. Für CSU-Verhältnisse ist das sehr dürftig. Die Partei ist mit sich und ihrer Führungsspitze noch nicht im Reinen.<$7> Ein Fünftel bis ein Viertel der Delegierten ist mit der Lage herzlich unzufrieden.<$0> Die Gründe sind vielfältig: Die Franken mögen noch immer murren, wie vor einem drei viertel Jahr "ihr" Ministerpräsident Günther Beckstein abgesägt wurde. Ein anderer Teil bemängelt die zuweilen fehlende Geradlinigkeit des Seehofer-Kurses oder verübelt der Nummer Eins die Turbulenzen um dessen Privatleben. Etliche mögen auch verletzt sein, weil Seehofer zuweilen nicht der Diplomatischste ist und als tyrannisch empfundene SMS-Botschaften verschickt.
Immer wieder hat Seehofer freilich deutlich gemacht, dass ihm Harmonie nicht so wichtig ist wie Ergebnisse. Das ist grundsätzlich richtig: Wer "Everybody's Darling" sein wolle, sei bald "Everybody's Depp", hatte schon Seehofers großes Vorbild Franz Josef Strauß erkannt. Wer das Steuer so radikal herumreißen muss wie Seehofer, kann nicht überall Note Eins in Beliebtheit erhalten.
<$19>D<$0>ennoch schien der amtierende CSU-Chef von der unterkühlten Zuneigung getroffen. Die Zahl derjenigen, die Seehofer voller innerer Überzeugung unterstützen, ist wahrscheinlich noch deutlich geringer, als die Wahlen zum Ausdruck brachten. Denn ein CSU-Delegierter weiß genau, dass kurz vor einer Bundestagswahl das Bild der Geschlossenheit besonders wichtig ist. Dass sich dennoch so viele nicht überwinden konnten, Seehofer zu wählen, kann für die Zeit nach der Wahl Folgen haben.
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