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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Fall Verena Becker

Köln (ots)

Güterabwägung
NORBERT WALLET, Berlin,zum Fall Verena Becker
Eigentlich scheint doch alles klar. Der Verfassungsschutz verfügt 
über
Unterlagen, die Licht ins Dunkel der Endlos-Fahndung nach dem Mörder 
Siegfried Bubacks
bringen könnten. Es sind Protokolle vertraulicher Gespräche mit der 
RAF-Terroristin
Verena Becker, die für ihre Mitteilungen seinerzeit womöglich auch 
noch Geld - Steuergeld!
- bekam. Also her mit den Informationen, alles auf den Tisch, ins 
Licht!
Nein, so einfach ist die Sache nicht. Schon einmal hatte das 
Innenministerium die
Freigabe der Akten verweigert, was möglich ist, wenn das Wohl des 
Bundes gefährdet
würde. Was damit genau gemeint ist, ist die entscheidende Frage. 
Natürlich, bei den
Gesprächen mit Becker wurde damals Vertraulichkeit zugesichert. Als 
Gegenleistung
gab es enorm wichtige Informationen. So wichtig, dass 
RAF-Führungsmitglieder verhaftet
werden konnten. Sicher geht es auch um Informantenschutz. Der 
unverbrüchliche Schutz
von Informanten ist das wichtigste Kapital von Geheimdiensten, weil 
sogar deren Leben
in Gefahr geraten könnte. Käme der Verfassungsschutz in den Ruf, dass
seine Zusagen
ein Verfallsdatum tragen, könnte er seine Bemühungen, die rechte 
Szene zu durchleuchten,
gleich einstellen.
Das alles ist einsehbar. Allerdings beschleicht den Beobachter der
Verdacht, dass
diese Gründe auch vorgeschoben sein können. Die Offenlegung der Akten
würde vielleicht
Unerfreuliches ans Licht bringen: schlampiger Umgang mit 
Zeugenaussagen, Fahndungspannen,
vielleicht Schlimmeres. Schon der Gedanke der staatlichen Kooperation
mit RAF-Terroristen
ist nicht leicht zu ertragen. Doch die Peinlichkeit möglicher 
Enthüllungen darf kein
Grund ihrer weiteren Geheimhaltung sein.
<$19>E<$0>s geht also um eine Güterabwägung. Die Hinterbliebenen 
der Opfer wollen endlich
Frieden finden. Dazu brauchen sie Wahrheit. Auch die Öffentlichkeit 
braucht die volle
Wahrheit über die Terror-Zeit, um ins Reine mit einer bis heute 
umstrittenen Epoche
zu kommen. Nur die schwerwiegendsten Gründe dürfen diesem Anspruch 
entgegen stehen.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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