Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum EU-Referendum in Irland
Köln (ots)
Europa hat einen Vertrag
KNUT PRIES, Brüssel,zum Ja der Iren zum EU-Vertrag
Die Iren haben beim zweiten Hinsehen festgestellt, dass "Lissabon" nicht die unheimliche Blaupause für Monster-Europa ist, sondern etwas viel Schlichteres: eine verbesserte Geschäftsordnung. Sie macht es etwas einfacher, dass 27 Länder gemeinsame Entscheidungen fällen. An dieser Gemeinsamkeit haben die Iren jetzt, mitten in schwerer Krise, mehr Interesse als im Frühsommer 2008. Also hat eine solide Mehrheit zugestimmt.
Es ist Unsinn, wenn die Unterlegenen das Verfahren als Schlag ins Gesicht der Demokratie schmähen. Zwar war der Vertrag, den die Iren abgesegnet haben, fast derselbe, den sie vor 15 Monaten durchfallen ließen. Sie haben dennoch nicht zweimal über dasselbe abge^stimmt: sondern beim ersten Mal über eine brodelnde Gerüchteküche namens Lissabon, beim zweiten Mal über verlässliche Inhaltsangaben zum gleichnamigen Rechtstext. Richtig ist, dass man den Bürgern damit schon im ersten Durchgang hätte dienen sollen. Falsch ist, dass die Wiederholung eine Respektlosigkeit vor dem Volkswillen darstellt. Zum Respekt gehört auch der Anspruch des Souveräns, vernünftig über Entscheidungsvorlagen ins Bild gesetzt zu werden.
Mit dem irischen Votum ist der Vertrag in allen 27 Staaten parlamentarisch oder per Referendum gebilligt. Der Text ist jetzt nach allen Regeln der Kunst demokratisch legitimiert. In der Sprache des Fußballers: Europa hat Vertrag. Nur - in Kraft treten soll er vorerst dennoch nicht. Vaclav Klaus ist dagegen.
Die Halsstarrigkeit des tschechischen Präsidenten war bislang ein Ärgernis. Angesichts der lückenlosen Zustimmung durch die Völker und Parlamente der Union wird sie zum Skandal. Der Versuch, im Zusammenspiel mit den - bis auf weiteres noch oppositionellen - britischen Tories den Vertrag doch noch zu kippen, ist eine Dreistigkeit. Die EU kann sich das auf keinen Fall bieten lassen. Sie sollte Herrn Klaus unmissverständlich klarmachen, dass sie Mittel und Wege finden wird, ihre bitter benötigte neue Geschäftsgrundlage in Kraft zu setzen, besser mit seiner Unterschrift, notfalls ohne.
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