Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau zu Bahn
Köln (ots)
Ein rabenschwarzer Tag. Fast 22 Jahre nach der Bahnreform, die aus der immer weiter schrumpfenden und trotzdem - oder gerade deshalb? - immer tiefer in die Verlustzone rauschenden Bundesbahn ein normales, profitables Unternehmen machen sollte, 22 Jahre danach steht Bahnchef Rüdiger Grube vor einem Scherbenhaufen. Der Milliardenverlust, den er in ein paar Tage auch formell wird eingestehen müssen, ist nur die von Buchhaltern ausgedrückte Summe unternehmerischen Versagens auf vielen Ebenen. Dieses Versagen ist die eigentliche Tragödie und nicht der Verlust als solcher, den ein finanzstarkes Unternehmen wie die Bahn AG wird verkraften können.
Das "Gelbbuch", das Grube seinen Aufsichtsräten geschickt hat, liest sich wie eine Dokumentation der Fehlleistungen. Was soll da nicht alles geändert werden. Im besonders verlustträchtigen Güterverkehr will man endlich wieder Verbindungen nach Fahrplan anbieten wie eine große Spedition. Passagiere sollen im Verspätungsfall besser informiert werden, es soll überhaupt weniger Verspätungen geben, und die Toiletten sollen funktionieren. Wie im Postbus soll es auch im Zug Wlan geben. Alles richtig - und alles ein Beleg dafür, wie sehr man Konkurrenten im Güter- und im Personenverkehr unterschätzt hat.
Den bis jetzt bekannten Teilen des "Gelbbuchs" ließen sich noch viele Seiten hinzufügen. Etwa über ein Tarifsystem, das Stammkunden für dumm verkauft. Oder über die Tollpatschigkeit bei der fehlgeschlagenen Bewerbung um den Rhein-Ruhr-Express. All diesen Feststellungen gemeinsam ist: Es geht nicht um einzelne große Fehlinvestitionen, wie sie der allwissende Grünen-Chef Anton Hofreiter im Auslandsengagement der Bahn zu erkennen glaubt. Sondern es geht um eine Kette von Fehlern im Detail, die Grube nun korrigieren will. Es geht damit auch um die Frage, ob das Riesenunternehmen Bahn angemessen gesteuert wird und in seiner bisherigen Struktur angemessen zu steuern ist. Allerdings leidet die Bahn auch unter Wettbewerbsverzerrungen: auf nationaler Ebene gegenüber Fernbus und Lkw und europaweit, wenn etwa Frankreich deutsche Anbieter vom Nahverkehr aussperrt, französische Konzerne aber unter so schnuckeligen Namen wie Mittelrheinbahn hier fahren dürfen.
Und sie hat schwer unter der Rücksichtslosigkeit der Lokführergewerkschaft GDL gelitten, deren Funktionäre vergessen hatten, dass es ihren Mitgliedern nicht gut gehen kann, wenn es dem Arbeitgeber schlecht geht.
Im Interesse der Bahn und ihrer Mitarbeiter, aber auch ihrer Eigner und Kunden - also im Interesse von uns allen - ist zu hoffen, dass die Nachricht vom Milliardenverlust einen heilsamen Schock auslöst - bei Managern, Politikern und auch bei gewissen Gewerkschaftern. Und dass auf der Bahn die vor 22 Jahren von außen übergestülpte Reform endlich eine Reform von innen folgt.
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Dr. Raimund Neuß
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