Das peinliche Wegducken
Raimund Neuß zum Umgang von Kirchenvertretern mit Fällen sexualsierter Gewalt
Köln (ots)
Das waren doch klare Verhältnisse! Versagen bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen - das wurde in den letzten Monaten und Jahren gern als Spezifikum der katholischen Kirche und besonders des Erzbistums Köln dargestellt. Von einem "Desaster" in Köln sprach der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. "Verheerend" nannte der Münchner Kardinal Reinhard Marx das Agieren seines Kölner Amtsbruders Rainer Maria Woelki, und der damalige evangelische rheinische Präses Manfred Rekowski ermahnte Woelki mit Blick auf die "ökumenische Haftungsgemeinschaft".
Dabei hätte Rekowski allen Anlass gehabt, vor der eigenen Tür zu kehren. Bis heute gibt es nicht einmal einen annähernd verlässlichen Überblick über Missbrauchsfälle im Raum der evangelischen Landeskirchen - im Rheinland und anderswo. Und die katholischen Bischöfe Bätzing und Marx werden derzeit peinvoll an ihre Vergangenheit erinnert: Marx hat auf das Bundesverdienstkreuz, das ihm gestern hätte verliehen werden sollen, vor dem Hintergrund schwerer Vorwürfe verzichtet, die seine Amtszeit als Bischof von Trier betreffen. Bätzing war sein Generalvikar. Zumindest Marx müsste sich nach den Kriterien der Kölner Missbrauchsstudie Pflichtverletzungen zurechnen lassen. Auf eine Studie aus Trier warten wir bis heute.
Das macht nichts besser, was in Köln falsch gelaufen ist - samt der unverständlichen Entscheidung Woelkis von 2017, einen Priester zu befördern, obwohl mehrere Vorwürfe gegen ihn zu untersuchen waren. Aber andere - katholische wie evangelische - Kirchenleitungen dürfen sich nicht weiter mit dem Hinweis auf Köln wegducken.
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