Wie Merz seine Partei demontiert
Kommentar von Raimund Neuß zu CDU/Merz/Asylbewerber
Köln (ots)
Falls jemand unter einer bürgerlichen Partei eine mit Maß und Stil versteht, dann muss er umlernen. Friedrich Merz hat schon mit seiner Pauschalaussage über kleine Paschas und mit dem Sozialtourismus-Vorwurf gegen Flüchtlinge aus der Ukraine erstaunliche Akzente im vermeintlich bürgerlichen Diskurs gesetzt. Nun entdeckt der CDU-Chef abgelehnte Asylbewerber, die sich angeblich die Zähne machen lassen und die Termine für "die deutschen Bürger nebendran" blockieren.
Beim "Sozialtourismus" war Merz noch zurückgerudert und hatte später auch versucht, seine Aussage über eine Gestaltung von Kommunalpolitik gemeinsam mit AfD-Amtsträgern einzufangen. Aber die vermeintlichen Fehlgriffe häufen sich so sehr, dass Methode dahinter zu vermuten ist. Rhetorik-Profi Merz ist intelligent genug, um zu wissen, welche primitiven Neidgefühle seine Fake-Aussage über Zahnbehandlungen für Migranten weckt. Da testet jemand Grenzen aus. Notfalls weicht er zurück, versucht es dann erneut. Immer gilt die selbst ausgestellte Generalabsolution: "Nicht jede Formulierung ist gleich AfD-Sprech."
Wohin will Merz seine Partei damit führen? Führt er überhaupt, oder lässt er sich von Rechtspopulisten die Themen aufdrängen? Wenn irgendwo der neuerdings schwarze Schriftzug CDU draufklebt, was ist da künftig drin? Gut eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen, wo die CDU ihre Koalition mit den Grünen fortsetzen möchte, wüsste man das gern. Gibt es eine Brandmauer nach Rechtsaußen oder nur "falsche Brandmauern", wie Andreas Rödder philosophierte, der unter Merz berufene und krachend gescheiterte einstige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission?
Merz will "wertkonservative" Wähler gewinnen. Aber seine Praxis ist nicht konservativ, also bewahrend, sondern der Vorsitzende demontiert seine einstmals große Partei.
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