amnesty international zum Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Zhu Rongji in Deutschland
Schröder muss Menschenrechten Priorität einräumen!
Berlin (ots)
Dringender Appell an die Bundesregierung / Systematische Verfolgung von Anhängern religiöser Bewegungen in China / Gesetzeslage ermöglicht Willkür / "Kritischer Dialog" zeigt so gut wie keine Erfolge
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat sich vor dem Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Zhu Rongji in Deutschland mit einem dringenden Appell an die Bundesregierung gewandt: "Im vergangenen Herbst hat die chinesische Regierung die umfangreichste Verfolgungskampagne seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 gestartet. Diesmal sind weniger politische Dissidenten, sondern vor allem Anhänger religiöser Bewegungen wie des Falun Gong im Visier der Behörden. Zehntausende Anhänger des Falun Gong wurden willkürlich verhaftet, gefoltert oder unter Druck gesetzt", erläutert der China-Experte der deutschen ai-Sektion, Dirk Pleiter. "Wir haben Bundeskanzler Schröder eindringlich aufgefordert, in seinen Gesprächen mit Ministerpräsident Zhu Rongji die Menschenrechtssituation in China zu thematisieren."
amnesty international hat den Bundeskanzler gebeten, sich besonders für die Freilassung von sechs gewaltlosen politischen Gefangenen einzusetzen, die zu drakonischen Haftstrafen verurteilt wurden, weil sie von ihren grundlegenden Menschenrechten Gebrauch gemacht hatten und mit friedlichen Mitteln und im Rahmen der chinesischen Gesetze versucht hatten, politische Reformen herbeizuführen. "Wir haben dem Bundeskanzler die meisten dieser Fälle bereits vor seinem Besuch in der Volksrepublik im vergangenen Oktober vorgelegt. Wir glauben, dass nur ein längerfristiges Insistieren auf die Forderung nach Freilassung, medizinischer Betreuung oder einfach nur Information über den Zustand und Verbleib der Gefangenen Erfolg hat", so Dirk Pleiter. Die Schicksale dieser sechs gewaltlosen politischen Gefangenen zeigen, wie der Anspruch der chinesischen Behörden, das Rechtssystem zu reformieren und Rechtssicherheit zu fördern, durch eine Gesetzeslage konterkariert wird, welche die willkürliche Verfolgung von Personen ermöglicht.
amnesty international ist alarmiert angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen in der Autonomen Uighurischen Region Xinjiang. Berichten zufolge sind dort zurzeit Tausende politische Gefangene in Haft. Viele der Häftlinge sollen gefoltert worden sein, wobei nach Informationen von amnesty international in dieser Region besonders brutale Foltermethoden angewandt werden. Im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße ist die Zahl der zum Tode Verurteilten um ein Vielfaches höher als in der übrigen Volksrepublik. "Die Spannungen und die Menschenrechtsverletzungen in dieser Region wachsen zusehends. Damit gehen zunehmend wirtschaftliche, soziale und kulturelle Benachteiligungen von Minderheiten, vor allem von Muslimen, einher", betont Dirk Pleiter.
"Seit 10 Jahren zögert die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, die anhaltend schlimme Situation in China zu verurteilen. Auch die Bundesregierung setzt weiter auf "kritischen Dialog" - und das mit einer Regierung, die massiv das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung unterdrückt. Die wirtschaftlichen Reformen in den vergangenen Jahren haben zwar in einzelnen Bereichen zu mehr Freiheiten und zu einer Verminderung der sozialen Kontrolle geführt, gleichzeitig tritt die Regierung elementare Menschenrechte weiterhin mit Füßen, allen voran das Recht auf Leben: Mindestens 1077 Menschen wurden im vergangenen Jahr in China hingerichtet. Das sind zwei Drittel aller weltweit Hingerichteten", bilanziert Dirk Pleiter. "Hier stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit des Dialogs. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich die Förderung der Menschenrechte zu einem zentralen Ziel der deutschen China-Politik zu machen."
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