Was wir aus dem Ende von Wer-kennt-Wen lernen können
Wider den Abgesang: Chancen für deutsche soziale Netzwerke
Frankfurt (ots)
Das deutsche Social Web dünnt weiter aus: Wenn am 1. Juni Wer-kennt-Wen vom Netz geht, steht drängender denn je die Frage im Raum: Ist die Zeit der national ausgerichteten Onlineplattformen endgültig vorbei? Alexander Wild, der mit Feierabend.de und Platinnetz die beiden größten deutschsprachigen Onlinenetzwerke für die Generation 50Plus führt, hält dagegen. Deutsche Netzwerke müssen nicht zwangsläufig vor dem Giganten Facebook kapitulieren, ist er überzeugt. Wohl aber ihr Geschäftsmodell überdenken und sich zielgruppenspezifischer ausrichten.
Ausdifferenzierung der virtuellen Netzwerklandschaft
"Dass mit wer-kennt-wen erneut ein deutsches Netzwerk gescheitert ist, ist bedauerlich. Dieses Beispiel zeigt aber, dass es höchste Zeit ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Denn deutsche social networks haben durchaus noch eine Chance", erklärt Wild, der bereits vor über 15 Jahren die Online-Community Feierabend.de ins Leben gerufen hat. Eine Zielgruppen-Spezialisierung hält er dabei für eine Grundvoraussetzung: "Eine Plattform für alle und alles ist auf dem deutschen Markt kein Erfolgsmodell mehr. Mehrwert bieten, das bedeutet längst mehr als die technische Infrastruktur der Vernetzung, sei es durch Chat, Gruppen- oder Profilfunktionen, bereitzustellen", so der Internetpionier. Gefragt seien ein klarer Zielgruppenzuschnitt und neue Partizipationsangebote zur Mitgliederbindung. "Die User begegnen deutschsprachigen Netzwerken mit einer spezifischen Erwartungshaltung und sind im besten Fall emotional nah dran an ihrem Netzwerk. Dieses Identifikationspotential gilt es zu nutzen und die Marke eines sozialen Netzwerks auch außerhalb des Webs erlebbar zu machen." Ganz praktisch setzt Feierabend.de dies seit mehr als 15 Jahren um und widersetzt sich so dem Negativtrend deutscher Netzwerke.
Technik ist austauschbar, soziale Beziehungen sind es nicht
Zu den Erfolgsgeheimnissen von Feierabend.de und Platinnetz gehört die Vernetzung von on- und offline. "Sozialer Kitt" nennt Alexander Wild die Herausforderung, die Technik des Digitalen in soziale Beziehungen zu überführen: "Die Online-Vernetzung ist nur die halbe Miete, denn Technik ist austauschbar. Für kleinere Netzwerke ist es deshalb überlebenswichtig, den Community-Gedanken auch in der analogen Lebenswelt der User zu verankern." Wie das geht, erklärt Wild am Beispiel der rund 125 Regionalgruppen auf Feierabend.de: "Diese Gruppen mit ihren vielfältigen Freizeitaktivitäten sind nicht zufällig entstanden, sondern wurden von uns durch den Einsatz von Botschaftern gefördert. So bieten wir den Mitglieder von Feierabend.de die Möglichkeit, ihre Kontakte aus dem Netz auch vor Ort zu pflegen. Und wir sind sicher, dass sich Feierabend.de durch diesen Brückenschlag auch in Zukunft erfolgreich als Marktführer unter den Internetportalen für Senioren behaupten wird."
Reichweite: Wie groß ist groß genug?
Luft nach oben sieht der Feierabend-Gründer zudem in der redaktionellen Begleitung. Soziale Netzwerke sind längst zu Informationsmedien geworden. Hochwertiger Content müsse daher das Lebensgefühl der Zielgruppe bedienen und ihren Interessen und Problemen Rechnung tragen. Und nicht zuletzt müssen auch in der Beurteilung sozialer Netzwerke neue Maßstäbe angelegt werden, fordert Wild: "Ein Nischenprodukt zu sein, ist kein Makel. Für eine deutsche Plattform kann es sogar zum USP werden." Den Grundsatz 'small is beautiful' zu stärken, sei bei spezialisierten Webportalen vor allem hinsichtlich der Vermarktbarkeit, zum Beispiel durch Werbefinanzierung, wichtig. Er warnt deshalb davor, die potentielle Reichweite großer Plattformen mit dem Kommunikationserfolg einzelner Maßnahmen in eins zu setzen: "Die Nutzerzahl allein ist nicht entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg. Wenn wir soziale Netzwerke über ihre Kommunikationsfunktionen hinaus als Distributionsplattform für Webinhalte betrachten, zählen vielmehr die Interaktion und das Engagement der Mitglieder. Das fällt bei spezialisierten Plattformen mit klarem Profil höher aus, da redaktionell initiierte Themen die richtigen Nutzer erreichen", weiß Wild.
Über Feierabend.de
Die Online-Community Feierabend.de wurde 1998 gegründet. Heute hat Feierabend.de mehr als 174.000 Mitglieder im Alter von durchschnittlich 62 Jahren und rund 125 Regionalgruppen. Seit seiner Gründung vor 15 Jahren ist der "Webtreff für die besten Jahre" stetig gewachsen, mit der Übernahme des "jüngeren" Schwesterportals Platinnetz.de wurde das Angebot 2013 weiter ausdifferenziert. Heute zählen die beiden Netzwerke rund 300.000 registrierte Nutzer, 1 Mio. Besuche und über 15 Millionen Seitenabrufe pro Monat.
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Yasmin Hameed
Mandelkern Management & Kommunikation e.K.
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