Studie zum Weltfrauentag: Droht die Gleichstellung ins Stocken zu geraten?
Hamburg (ots)
Eine deutliche Mehrheit von 62 Prozent der Deutschen findet, dass derzeit eine Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in Bezug auf soziale, politische und wirtschaftliche Rechte besteht. Allerdings sagen weitere 46 Prozent, dass in Deutschland hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und Frauen schon genug getan wurde - ein Anstieg von 16 Prozentpunkten im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2019. Einige (39%) befürchten sogar, dass durch die Förderung der Gleichstellung nun Männer diskriminiert würden. Das zeigen die Ergebnisse einer weltweiten Studie anlässlich des Weltfrauentages, die vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Ipsos in Zusammenarbeit mit dem King's College London durchgeführt wurde.
Große Meinungsunterschiede zwischen Männern und Frauen
Erwartungsgemäß ist der Anteil der Frauen bei den Befragten, die eine Geschlechterungleichheit in Deutschland sehen, mit 68 Prozent deutlich höher als der der Männer (57%). Bei der Frage, ob die Förderung der Gleichstellung von Frauen bereits so weit ging, dass nun Männer diskriminiert werden, stimmen die Hälfte aller deutschen Männer (49%), aber lediglich 30 Prozent der befragten Frauen zu. Frauen (38%) sind außerdem deutlich pessimistischer als Männer (49%), dass die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen noch zu ihren Lebzeiten erreicht wird.
Ein ähnliches Meinungsbild zeigt sich bei der Zustimmung zur Aussage, dass von Männern zu viel erwartet wird, um Gleichberechtigung zu unterstützen. 51 Prozent der Männer (51%) und 36 Prozent der Frauen finden, dass dieses Statement zutrifft. Eine Mehrheit der Deutschen sieht jedoch die Beteiligung von Männern als entscheidend für die Geschlechtergerechtigkeit an. So sind 56 Prozent der Befragten der Meinung, dass Frauen in Deutschland keine Gleichstellung erreichen werden, wenn nicht auch die Männer für die Rechte der Frauen kämpfen.
Zustimmung zur Förderung der Gleichberechtigung sinkt seit Corona
Seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie verschlechtern sich die Zustimmungswerte zur Förderung der Gleichberechtigung in Deutschland. Auch Teilaspekte dessen, wie beispielsweise die Akzeptanz von Männern, die zuhause bleiben und sich um die Kinder kümmern, sinkt. So stimmen inzwischen mehr als ein Viertel (27%) der Deutschen der Aussage zu, dass ein Mann, der zuhause bleibt und sich um die Kinder kümmert, nicht wirklich ein Mann sei. In der Umfrage des Jahres 2019 waren lediglich 18 Prozent dieser Meinung.
Außerdem trauen sich auch immer weniger Menschen, die Gleichberechtigung von Frauen öffentlich zu unterstützen. Aktuell berichten 29 Prozent der Deutschen, dass sie Konsequenzen befürchten, wenn sie für die Gleichberechtigung von Frauen eintreten. Im Jahr 2017 hatten nur 13 Prozent diese Befürchtung.
Etwas Optimismus bleibt
Dennoch sind 45 Prozent der Befragten in Deutschland davon überzeugt, dass es Maßnahmen gibt, die sie ergreifen können, um die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern zu fördern. Das sind acht Prozentpunkte mehr als noch 2018. Nur 13 Prozent finden, dass es nichts gibt, was sie tun könnten, um wirklich etwas zu bewirken. Schließlich sind 42 Prozent der Ansicht, dass junge Frauen in Deutschland ein besseres Leben führen werden als die Generation ihrer Eltern. Lediglich 16 Prozent meinen, es werde ein schlechteres Leben, während weitere 31 Prozent der Ansicht sind, dass sich nichts ändern werde.
Für Alexandra Schoen, Managerin in der Politik- und Sozialforschung bei Ipsos, ist die Geschlechtergleichstellung für einen Teil der Bevölkerung zu einem abgehobenen Thema geworden, das lediglich die Politik betrifft: "Dabei zeigt unter anderem der europäische Gleichstellungsindex deutlich, dass von jedem von uns noch einiges an Anstrengung nötig ist, damit Gleichberechtigung endlich zur gelebten Wirklichkeit wird. Da kommt der Weltfrauentag gerade richtig, um das Thema wieder auf die persönliche Agenda zu bringen."
Methode
Die Ergebnisse stammen aus der Ipsos Global Advisor-Studie "International Women's Day 2023". Bei der Online-Umfrage wurden zwischen dem 22. Dezember 2022 und dem 06. Januar 2023 insgesamt 22.508 Personen aus 32 Ländern über das Ipsos Online Panel-System interviewt. In Kanada, Malaysia, Südafrika, der Türkei und den USA waren die Befragten zwischen 18 und 74 Jahren alt, in Thailand zwischen 20 und 74 Jahren, in Indonesien und Singapur 21-74 Jahren und in allen anderen Ländern zwischen 16 und 74 Jahren.
Der "Globale Länderdurchschnitt" spiegelt das durchschnittliche Ergebnis für alle 32 Nationen wider, in denen die Umfrage durchgeführt wurde. Er wurde nicht an die Bevölkerungsgröße der einzelnen Länder angepasst.
In Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Spanien und den USA umfasste die Stichprobe etwa 1.000 Personen. In Japan waren es etwa 2.000 Personen. In Argentinien, Belgien, Chile, Indien, Indonesien, Kolumbien, Malaysia, Mexiko, den Niederlanden, Peru, Polen, Portugal, Saudi-Arabien, Schweden, Singapur, Südafrika, Südkorea, Thailand, der Türkei, Ungarn und den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden jeweils etwa 500 Personen befragt.
In 17 der untersuchten Länder ist die Internetdurchdringung ausreichend hoch, um die Stichproben als repräsentativ für die breitere Bevölkerung in den abgedeckten Altersgruppen zu betrachten: Argentinien, Australien, Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Spanien, Südkorea, Ungarn und USA. Die verbleibenden 15 untersuchten Länder weisen eine geringere Internetdurchdringung auf. Die Stichprobe dieser Länder ist städtischer, gebildeter und/oder wohlhabender als die Allgemeinbevölkerung und sollten so betrachtet werden, dass sie die Ansichten der stärker "vernetzten" Bevölkerungsgruppe widerspiegelt.
Die Daten werden so gewichtet, dass die Stichprobenzusammensetzung jedes Marktes das demografische Profil der erwachsenen Bevölkerung gemäß den neuesten Volkszählungsdaten am besten widerspiegelt.
Wenn die Ergebnisse sich nicht auf 100 aufsummieren, liegt das an Rundungen durch die computer-basierte Zählung, erlaubte Mehrfachnennungen oder dem Ausschluss von "weiß nicht/keine Angabe" Nennungen.
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