Schüler dank Turbo-Abi besser?
Hamburger KESS 12-Studie zeigt vor allem eins: Mehr Unterricht führt zu besseren Leistungen - Eltern für G9 und weniger Leistungsdruck
Hamburg (ots)
Lernen Turbo-Abiturienten besser, wie es die Ergebnisse der gestern im Hamburg präsentierten KESS 12-Studie auf den ersten Blick nahe legen? Bei genauer Betrachtung der Daten zeigt sich: "Es spielt offenbar keine Rolle, ob die Schüler bis zum Abitur acht oder neun Jahre gebraucht haben", sagt Ursula Walther, stellvertretende Vorsitzende des Bundeselternrats. Die Studie führe vielmehr zu einer - wenig überraschenden - Aussage: "Wenn leistungsstarke Schüler in einem Fach mehr und anspruchsvolleren Unterricht haben, erzielen sie in Tests auch bessere Ergebnisse."
Die Debatte um das Turbo-Abi auf die Leistungen der jeweils besten Schüler in den Fächern Mathematik, Englisch und den Naturwissenschaften zu reduzieren, ignoriert laut Walther zudem die psychosozialen Folgen - Stress und Leistungsdruck - des Turbo-Abis für viele Schüler und ihre Familien. In der KESS 12-Studie wurden die Leistungen der 500 besten von 3.800 getesteten Hamburger Abiturienten von 2011 mit den Leistungen der 500 besten getesteten Schüler des Abi-Jahrgangs 2005 verglichen (LAU-Studie) - und das jeweils nur in Englisch, Mathematik und im "Kompetenzbereich naturwissenschaftliche Grundbildung". Das Ergebnis laut Pressemitteilung der Hamburger Schulbehörde: Die Schüler von 2011 schnitten besser ab - in Mathe und Naturwissenschaften geringfügig, in Englisch deutlicher. Zwar haben die getesteten Schüler von 2011 im Gegensatz zu denen von 2005 das Abitur bereits nach acht Schuljahren am Gymnasium erworben, sie haben aber vor allem unter völlig anderen Bedingungen gelernt. Denn zwischen 2005 und 2011 wurde in Hamburg die Oberstufe reformiert. An die Stelle der Grund- und Leistungskurse trat die Profiloberstufe mit höheren Stunden- und Leistungsverpflichtungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Die Konzentration auf diese Fächer spiegelt sich auch im Wahlverhalten der Schüler wider: Mehr als drei Viertel (77 %) der Oberstufenschüler wählten nach Angaben der Hamburger Schulbehörde 2011 in Englisch das erhöhte Anforderungsniveau, 2005 entschied sich nur ein Drittel (33 %) für einen Englisch-Leistungskurs. In Mathematik haben 2011 insgesamt 42 Prozent das erhöhte Anforderungsniveau gewählt, zuvor waren es 12 Prozent. Einzig in den Naturwissenschaften sind die Anteile ähnlich geblieben: 33 Prozent entschieden sich 2011 für das erhöhte Anforderungsniveau, 38 Prozent 2005 für einen Leistungskurs.
Eltern eindeutig gegen gymnasiale Schulzeitverkürzung und Leistungsdruck
Die Eltern schulpflichtiger Kinder beziehen bei der Frage, ob Kinder das Abitur nach 12 oder 13 Schuljahren machen sollen, eindeutig Stellung: Wie die im September vorgestellte, repräsentative 2. JAKO-O Bildungsstudie zeigt, würden acht von zehn Eltern (79 %) eine neun Jahre dauernde Gymnasialzeit (G9) für ihr Kind wählen, wenn sie die Wahl hätten. Nur 17 Prozent sind Anhänger der achtjährigen Variante (G8). Ebenfalls 79 Prozent der Eltern sind der Meinung, man sollte generell zum neunjährigen Gymnasium zurückkehren. Wenn es beim achtjährigen Gymnasium bleibt, dann müssten aus Elternsicht (59 %) zumindest die Lehrpläne an die kürzere Lernzeit angepasst werden. Zudem ist die Betonung des Leistungsprinzips ein bildungspolitisches Ziel, das bei Eltern auf relativ wenig Zustimmung stößt (28 %). "Eine Reform, die auf Anpassung der Lehrpläne und Reduzierung des Leistungsdrucks zielt, ist aus Sicht der Eltern unumgänglich", sagt Walther.
Studiensteckbrief: Für die repräsentative Studie befragte das Sozialforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag von JAKO-O 3.000 Eltern mit schulpflichtigen Kindern im Alter bis zu 16 Jahren. Befragt wurden Eltern aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Interviews erfolgten per Telefon im Januar 2012.
Die detaillierten Ergebnisse der 2. JAKO-O Bildungsstudie stehen auch zum Download im Internet bereit: http://www.presseportal.de/go2/jako-o
Zum Nachlesen: Fachbuch und Magazin zur 2. JAKO-O Bildungsstudie Was steckt hinter den Zahlen der 2. JAKO-O Bildungsstudie? Was sind die bildungspolitischen Konsequenzen? Das Fachbuch und das daraus abgeleitete Magazin bieten allen, die bei den Themen Schule und Bildungspolitik mitreden wollen, wertvolle Informationen und Argumente.
- Dagmar Killus, Klaus-Jürgen Tillmann (Hrsg.), "Eltern ziehen Bilanz - Ein Trendbericht zu Schule und Bildungspolitik in Deutschland", 240 Seiten, Waxmann Verlag, Münster, ISBN: 978-3-8309-2755-6, Preis: 24,90 EUR (erhältlich über www.jako-o.de (Art.-Nr. 641-617), www.waxmann.com und im Buchhandel)
- "2. JAKO-O Bildungsstudie - Eltern beurteilen Schule in Deutschland. Das Magazin zur Studie", 72 Seiten, JAKO-O, Bad Rodach, ISBN: 978-3-939776-14-7, Preis: 2,00 EUR (erhältlich über www.jako-o.de (Art.-Nr. 641-618))
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