Bayern2Radio
Samstag, 27. Mai 2000, 9.04 Uhr
Huntsville, Texas, Hauptstadt des Todes Vom Leben in der Stadt, in der fast jede Woche ein Mensch hingerichtet wird
München (ots)
Der Tod mit der Giftspritze kommt immer pünktlich kurz nach 18 Uhr. Dann wenn Huntsvilles Bürger gerade das erste Feierabendbier vor dem Fernseher öffnen, ihre Kinder zum Basketballspielen fahren oder bei Joe's Pizza ihr Abendessen holen. Huntsville, Texas, ist eine idyllische amerikanische Kleinstadt: Holzhäuser auf kurzgeschorenem grünen Rasen, ein paar historische Backsteingebäude im Zentrum, auch Fremde grüßt man freundlich. Nirgendwo in den USA werden mehr Menschen hingerichtet als in Huntsville. 35 waren es im vergangenen Jahr, noch mehr sollen es am Ende dieses Jahres sein. Ihre letzte Station ist die himmelblau gestrichene Todeskammer im Gefängnis mitten im Ort. Doch kaum einer interessiert sich für die Hinrichtungen. ,Gesetz ist Gesetz' heißt es lapidar oder 'Auge um Auge, Zahn um Zahn'. Die paar Demonstranten, die bei den Hinrichtungen gegen die Todesstrafe protestieren, reisen aus Houston an. 'Wir sind eine ruhige, friedliche Stadt', sagen die Huntsviller stolz. Die meisten Familien leben von den Gefängnissen und ihrer Verwaltung: 8000 Arbeitsplätze, 14.000 Häftlinge. Die Gefängnisindustrie ist die einzige Industrie hier - mit eigenen Fabriken, eigenem Museum und eigenem Friedhof. Regine Fenn hat zwei Wochen in Huntsville verbracht und beschreibt den Alltag in der Kleinstadt, in der der Staat Gerechtigkeit mit der Todesspritze fordert.
Sendung: Samstag, 27. Mai 2000, 9.04 Uhr, Bayern2Radio
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