Programm-Meldung: Bayerisches Fernsehen
Samstag, 06.04.2002, 22.00
Uhr
Verbrechen in Florenz
München (ots)
Die Schriftstellerin Magdalen Nabb Film von Peter Goedel
Entstehungsjahr: 2000
Redakteur: Rudolf v. Bitter
Als die Engländerin Magdalen Nabb 1975 in den Sommerferien nach Florenz reiste, gefiel es ihr dort so gut, dass sie blieb. In den ersten Jahren schlug sie sich mit Englischunterricht und Keramikarbeiten durch, bis ihr eine Figur einfiel, die sie schließlich zum Schreiben brachte: der Maresciallo Guarnaccia, Wachtmeister der Carabinieri, ein behäbiger, eher schwerfälliger Mann, schweigsam, ein Grübler, ein guter Zuhörer und Beobachter, der sich intensiv in seinen Fall hineinversenkt. Ihm liegt die Begegnung mit einem wirklichen Carabiniere zugrunde, dem Magdalen Nabb noch während ihrer Arbeit als Töpferin in einem Dorfgasthaus kennenlernte, bevor sie 1981 ihren ersten Kriminalroman veröffentlichte. Fortan schrieb Magdalen Nabb ein Buch nach dem anderen. Zwölf Guarnaccia-Romane sind bisher erschienen und an ihrem dreizehnten arbeitet sie zur Zeit. Florenz, Stätte großer Kunstschätze und Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt, zeigt sich in den Büchern von Magdalen Nabb von einer anderen, unbekannten, ab und an sogar recht düsteren Seite: Die Stadt wird zu einem Ort für Verbrechen. Die beeindruckende Architektur, die alten Paläste, die mächtigen, fast immer verschlossenen Portale, die schwer vergitterten Fenster. Mit dem Maresciallo Guarnaccia erhalten wir Zugang und blicken hinter die Fassaden dieser alten Häuser und Paläste.
Mit ungeheurer Detailkenntnis zeichnet Magdalen Nabb ein Porträt dieser Stadt und ihrer Einwohner. In ihren Romanen erzählt die Autorin von Drogensüchtigen und Prostituierten, von den Auswirkungen der Hochwasserflut von 1966 und Mieterproblemen in einer Stadt, in der die Wohnungen kaum mehr zu bezahlen sind. Nabb versteht es mühelos, mit wenigen Worten eine Atmosphäre, einen Charakter, ein Milieu zu skizzieren. Eine Fähigkeit, die sehr an die Kunst eines Georges Simenon erinnert, der nicht zufällig zu einem Bewunderer ihrer Romane geworden ist. Aber auch die sogenannten Kapitalverbrechen bleiben nicht ausgespart. Ein Hauptthema ihrer Bücher sind Entführungen, in der Gegend von Florenz ein nicht gerade seltenes Delikt. In den unzugänglichen Hügeln der Calvana, einem rauen Gebirgszug in der Toskana, ließen sich seit den sechziger Jahren sardische Hirten nieder, die, vom zunehmenden Tourismus aus ihrer Heimat vertrieben, durch spektakuläre Kidnappings die Florentiner in ständige Unruhe versetzten. Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern in diesem Genre entstammen die Geschichten Magdalen Nabbs gründlich recherchierten Fällen. Alle ihre Romane basieren auf wahren Begebenheiten. Einer der letzten großen Entführungsfälle liegt erst drei Jahre zurück und bildete die Grundlage für ihren Roman "Alta moda". In einem anderen Buch "Das Ungeheuer von Florenz" greift Nabb den sensationellen Fall eines Serienmörders auf, der zwischen 1974 und 1985 in Florenz und Umgebung für Angst und Schrecken sorgte und die Ermittler über viele Jahre beschäftigte. Fälle, die sie in enger Zusammenarbeit mit den Carabinieri genau studiert hat und in denen die Autorin mit Hilfe des Maresciallo immer von neuem die Fragen nach der Wahrheit, nach Recht und Gerechtigkeit stellt, die manchesmal im Apparat der italienischen Justiz unterzugehen drohen.
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