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Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff dreht Kinofilm für den BR:
"Der neunte Tag" - ein Priester im Gewissenskonflikt

München (ots)

"Der neunte Tag" heißt der neue Kinospielfilm, den
der Oscar- preisgekrönte Regisseur Volker Schlöndorff in einer
europäischen Gemeinschaftsproduktion unter Federführung des
Bayerischen Rundfunks vom 1. Dezember 2003 bis 1. Februar 2004 in
Berlin-Brandenburg, München, Luxemburg und Prag dreht. Das Drehbuch
von Eberhard Görner ("Nikolaikirche") und Andreas Pflüger ("Operation
Rubikon") stützt sich auf die autobiographischen Aufzeichnungen des
luxemburgischen Abbé Jean Bernard: In "Pfarrerblock 25487" schilderte
er sachlich die traumatischen Erinnerungen an ein unvorstellbares
Grauen, das ihm und seinen Mitgefangenen im Konzentrationslager
Dachau widerfuhr. Dabei geschah etwas Außergewöhnliches: Der Abbé
wurde für neun Tage aus dem KZ entlassen. Die zurückgelassenen
Priester hafteten als Geiseln mit ihrem Leben für Bernards
Rückkehr...
Im Film trägt Abbé Jean Bernard den Namen Abbé Henri Kremer und
trägt die KZ-Nummer 25639. Der Abbé wird gespielt von Ulrich Matthes.
Die Rolle des Gestapo-Chefs von Luxemburg hat August Diel übernommen.
Die Schwester des Abbé, Marie Kremer, spielt Bibiana Beglau. Hilmar
Thate steht als Bischoff Philipp von Luxemburg vor der Kamera,
Michael König als Gauleiter Simon. In weiteren Rollen: André Jung,
Germain Wagner, Jean-Paul Raths, Petr Janis, Karel Dobry, Petr Varga,
Ivan Jirik, Karel Hromadka u.a.
Hintergrund zum Film: Dachau war das erste Konzentrationslager der
Nazis. Im sog. "Pfarrerblock" waren zwischen 1939 und 1945 insgesamt
2579 Geistliche aus ganz Europa interniert. Nur etwa die Hälfte
überlebte. Ihr Verbrechen bestand darin, dass sie in ihren Ländern
Widerstand gegen die Okkupation durch Hitler-Deutschland geleistet
hatten. In Luxemburg wehrten sich Priester und Ordensleute besonders
heftig gegen die deutsche Besetzung, entsprechend groß war die Gruppe
der luxemburgischen Priester im KZ Dachau. Während seiner
Internierung musste Abbé Jean Bernard hilflos zusehen, wie
Mithäftlinge ermordet wurden. Doch in einer spektakulären Aktion
wurde Jean Bernard im Januar 1942 ein neuntägiger Urlaub gewährt. Für
den Fall, dass er nicht in das KZ Dachau zurückkehrt, kündigte der
Lagerkommandant die Exekution weiterer Kleriker an. Zuhause wurde der
35 Jahre alte Jean Bernard bedrängt, den Luxemburger Episkopat zur
Unterstützung von Hitlers europäischer Kirchenpolitik zu bewegen. Der
Gestapochef von Luxemburg - zugleich geweihter Diakon - versprach ihm
die Freiheit, wenn er diesen Beitrag leisten würde. Andernfalls
gefährde der Abbé sowohl sein Leben als auch das Leben seiner
Leidensgenossen. Der Abbé geriet in einen schier unerträglichen
Gewissenskonflikt.
Abbé Jean Bernard (1907-1994) war seit 1933 Generalsekretär der
internationalen katholischen Filmorganisation O.C.I.C., einer der
bedeutendsten Vertreter kirchlicher Filmarbeit. Am 6. Januar 1941
wurde er von der Gestapo verhaftet und nach Dachau gebracht. Er
entging dem Transport in die Gaskammern. Im August 1942 wurde er
entlassen. Jean Bernard wurde Chefredakteur und Herausgeber der
Tageszeitung "Luxemburger Wort", sowie von 1947 bis 1972 Präsident
von O.C.I.C. (heute: SIGNIS). 1945 erschien sein Buch "Pfarrerblock
25487", das in Luxemburg zum Bestseller wurde. Jean Bernard war eine
eindrucksvolle Persönlichkeit von besonderer Gradlinigkeit und
Durchsetzungskraft, der seiner Glaubensüberzeugung stets treu blieb.
Das Thema zu dem Film "Der neunte Tag" faszinierte Volker
Schlöndorff sofort. Die beiden Protagonisten - der Abbé, der für ein
paar Tage dem KZ Dachau entrinnt und der Gestapochef im von deutschen
Nationalsozialisten besetzten Luxemburg - tragen einen Kampf aus:
moralische Auseinandersetzung für den einen, Machtkampf für den
anderen. Zivilcourage, Menschen in extremer Lebenssituation,
politische Willkür, die auf das Individuum einwirkt, Überleben im
Konzentrationslager, alle diese Aspekte werden in "Der neunte Tag"
berührt. Schlöndorff sagt dazu: "KZ, Religion, Gewissen, Anstand - In
einem Wasserglas findet man das ganze Meer der Vergangenheit."
Das politische Engagement des 1939 in Wiesbaden geborenen
Regisseurs zeigte sich immer wieder in seinen Filmen, die sich
kritisch mit gesellschaftlicher Macht- und Gewaltausübung
auseinandersetzen. Den erklärten Vorsatz Schlöndorffs, kommerzielles
Unterhaltungskino zu inszenieren, verknüpfte er mit seiner Vorliebe
für Literaturverfilmungen. Mit "Die verlorene Ehre der Katharina
Blum" (1975) nach dem gleichnamigen Roman von Heinrich Böll, gelang
Schlöndorff der Durchbruch an den deutschen Kinokassen. Als erster
deutscher Film erhielt Schlöndorffs Adaption von Günter Grass' Roman
"Die Blechtrommel" 1979 eine Goldene Palme in Cannes und wurde,
ebenfalls als erster deutscher Film seit 1927, mit einem Oscar
gekrönt. Mit der "Blechtrommel" griff Schlöndorff den Protest des
Einzelnen gegen die NS-Diktatur auf, ein Thema, das er 1996 mit "Der
Unhold", nach der literarischen Vorlage "Der Erlkönig" von Michel
Tournier, aus einer anderen Perspektive vertiefte. Das Individuum in
der Verantwortung für sein (Nicht-)Handeln und für die Gesellschaft
reflektiert Schlöndorff immer wieder in seinen Arbeiten. Schon sein
erster Film "Der junge Törless" (1966) ist eine psychologische Studie
des kategorischen Imperativs.
Wenngleich "Der neunte Tag" eine vergangene Epoche widerspiegelt,
dreht sich das Thema um Problemfelder, die so oder ähnlich auch
gegenwärtig nicht aus dem Blickfeld des politischen Menschen
verschwinden: Die Auseinandersetzung zwischen dem Christen und dem
politisch Verblendeten, der Ideologisierung junger Menschen, der
Politik des Vatikans und ihre Folgen für den Einzelnen.
Das engagierte Filmkunstwerk "Der neunte Tag" (AT: "Pfarrerblock")
wird produziert von Prof. Jürgen Haase und ist eine Koproduktion von
Provobis Film GmbH, Bayerischer Rundfunk (federführend), ARTE und
Videopress Luxemburg (Weltvertrieb: Telepool). Gefördert wird "Der
neunte Tag" vom FilmFernsehFonds Bayern, dem Filmboard Berlin-
Brandenburg GmbH und dem Fonds national de soutien à la production
audiovisuelle Luxembourg. Die Redaktion beim Bayerischen Rundfunk
obliegt Benigna von Keyserlingk und Jakob Hausmann (Redaktion Serie,
Volksstücke, Literarische Filmerzählung). Wann der Spielfilm in die
Kinos kommt, ist noch offen. Während der Dreharbeiten sind keine
Pressebesuche möglich.
Pressekontakt:
Pressestelle BR, Josy Henkel, Telefon 0049/89/5900-2108,
Fax 0049/89/5900-1388, E-Mail  josy.henkel@brnet.de
Progress Film-Verleih, Inis Pengel-Schönfelder, Telefon
0049/30/24003471,
Fax 0049/30/24003479, E-Mail  i.schoenfelder@progress-film.de
ots-Originaltext: BR Bayerischer Rundfunk
Digitale Pressemappe: 
http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=7560

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Pressestelle
Telefon: 089 / 5900 2176

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