Bayerisches Fernsehen
Mittwoch, 13. Juli 2005, 19.30 Uhr
Stationen: Dem Himmel so nah
Was Gipfelkreuze erzählen
Film von Andrea Kammhuber
München (ots)
"Jeder soll oben am Gipfel spüren, dass er nicht allein ist." Aus diesem Grund haben Norbert Schöpf, der Hüttenwirt der Sulzenauhütte im Stubaital, und seine Freunde ein besonderes Gipfelkreuz entworfen. Es ist ein Holzkreuz, in das drei Orgelpfeifen eingebaut sind. Wenn der Wind pfeift, dann singt das Kreuz, das die jungen Tiroler mit Kraxen auf den Aperer Freiger geschleppt und auf 3.261 Meter Höhe aufgestellt haben.
Seit Jahrzehnten werden in den Alpen Kreuze auf Bergen errichtet. Heimkehrer aus dem Zweiten Weltkrieg trugen sie als Dank für ihre Rückkehr oder zur Erinnerung an gefallene Kameraden auf die Gipfel. Bergbauern stellten so genannte Wetterkreuze drohenden Unwettern entgegen. Daran erinnert sich auch der Innsbrucker Altbischof Reinhold Stecher noch gut.
Die Wörter "Leben" und "Begegnung" sind in das Gipfelkreuz auf dem Regenstein in Osttirol eingeritzt. Dr. Josef Walder, der theologische Referent des Bischofs von Innsbruck und ein leidenschaftlicher Kletterer, hat es 1996 mit Freunden auf 2861 Meter Höhe errichtet. Denn bei dem Religionsphilosophen Martin Buber heißt es: "Alles wirkliche Leben ist Begegnung".
In kleinen Blechkisten, geschützt vor Eis und Schnee, liegen an vielen Kreuzen Gipfelbücher, in die Bergsteiger ihre Namen und oft auch Gedanken, Hoffnungen und Wünsche eintragen. Als Werner Haim auf der Gamskarspitze im Karwendel ein Gipfelbuch stiften und auflegen wollte, stürzte er kurz vor dem Ausstieg an der Südwand ab. Der Extrembergsteiger, der zahlreiche Expeditionen auf der ganzen Welt durchgeführt hat, ist seither querschnittgelähmt. Das Gipfelbuch haben Bergfreunde später für ihn hinaufgetragen. Dass er sein Kreuz annehmen kann, das verdankt er, wie er erzählt, seiner Familie und den Freunden, die bis heute den Kontakt nicht abreißen haben lassen.
Persönliche Schicksale, fröhliche Sprüche und nachdenkliche Bemerkungen finden sich in Gipfelbüchern. Sie erzählen - wie dieser Film - Geschichten von Kreuz und Leid, von Gefahren, Liebe und Dankbarkeit. Selbst für den, der nicht glaubt, kann ein Gipfelkreuz oder der Eintrag ins Gipfelbuch Anstoß zum Nachdenken sein, meint der Innsbrucker Altbischof Reinhold Stecher. Denn "die Gipfelstunde ist die Stunde der Weite, des Überblicks, einer gewissen Distanz zum Alltag im Taldunst. Herz und Geist beginnen weiterzuwandern, zurück in die Vergangenheit und voraus in die Zukunft und darüber hinaus, über die Wolken."
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