Bayerisches Fernsehen
Montag, 3. Oktober 2005, 18.00 Uhr
Gipfeltreffen
Werner Schmidbauer trifft Heiner Geißler
München (ots)
Ein politisches Urgestein hat sich Werner Schmidbauer für die Sendung Gipfeltreffen am Tag der deutschen Einheit eingeladen: Heiner Geißler war 13 Jahre lang CDU-Minister in Rheinland-Pfalz und Bonn, 12 Jahre Generalsekretär seiner Partei und bis 2002 Bundestagsabgeordneter. Und auch auf dem Weg zum 1705 Meter hohen Setzberg (Nähe Tegernsee / Kreuth) hält der 75-Jährige im Gespräch mit Werner Schmidbauer mit seinen pointierten politischen Analysen nicht zurück. So stellt er fest, dass die CDU an Boden verliere, weil sie das christlich- soziale Element vernachlässigt und auf dem Weg zur einer größeren FDP werde. Geißler, geboren in Oberndorf am Neckar, aufgewachsen auf der Schwäbischen Alp, erzählt von seiner schönen Kindheit, was weniger an den politischen Umständen lag, sondern mit seinem guten Elternhaus zu tun hatte. Der junge Geißler war ein Heimwehkind und ein Familienhammel, was dazu führte, dass er mit elf Jahren einfach aus dem Krankenhaus ausgebüxt war. Abitur machte er am Jesuitenkolleg in St. Blasien, wo es ihm so gut gefiel, dass er mit 19 Jahren in den Orden eintrat um Priester zu werden. Schon wenige Jahre später merkte er aber, dass er zwei von den vier Gelübden nicht so gut halten konnte, erinnert er sich. Er konnte nicht ohne Frauen leben und hatte Schwierigkeiten mit dem Gehorsam. Ich bin loyal, aber nicht gehorsam, sagt er.
Geißler ist als begeisterter Bergsteiger und Gleitschirmflieger bekannt. Dass er mit Werner Schmidbauer nur den Setzberg bestieg, hat mit seinem schweren Gleitschirmunfall im Oktober 1992 zu tun. Wohl als Spätfolge dieses lebensbedrohlichen Unfalls wurde Geißler erst vor drei Wochen operiert und befand sich eigentlich auf Reha in Bad Wiessee.
Vom Priesterwunsch zum Einstieg in die Politik für Geißler kein wirklicher Bruch. Denn in beiden Berufen sei eine Berufung Voraussetzung. Und auf Schmidbauers Frage, warum denn die Wiedervereinigung bis heute noch nicht wirklich in den Köpfen und Herzen der Menschen angekommen sei, meint er: Die Menschen im Osten haben die soziale Marktwirtschaft nicht kennen gelernt. Sie blickten stattdessen in die hässliche Fratze des Kapitalismus.
Bei der traditionellen Gipfelbrotzeit blickt Geißler zurück in seine eigene Familie: Seinen drei Söhnen sei er ein guter Vater gewesen, der sich trotz seiner beruflichen Verpflichtungen Zeit genommen habe, mit ihnen in die Berge zu gehen oder nach der Schule zum Essen zum Chinesen. Seine fünf Enkel sagen alle Heiner zu mir, der Opa Heiner ist kein Opa.
Und auf Schmidbauers Frage nach dem Ruheständler Geißler meinte der nur, den Geißler im Schaukelstuhl auf der Terrasse werde es nicht geben, denn: Es kommt nicht auf die grauen Haare an, sondern auf die grauen Zellen.
Gipfeltreffen-Gast am 1. November 2005 ist voraussichtlich Robert Atzorn, im Januar 2006: Wolfgang Ambros. Redaktion: Sonja Kochendörfer.
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