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Bayerisches Fernsehen
Donnerstag, 23. November 2006, 23.00 Uhr
KOMPASS
Auslandsreportage
Belgrad: Die Zukunft kann warten
Reportage von Andrea Roth

München (ots)

Belgrad, sieben Jahre nach dem Krieg. Milosevic
ist tot, aber sein Erbe ist unübersehbar. Nicht nur die zerstörten 
Regierungsgebäude zeugen von der Vergangenheit. Es sind auch die 
Menschen, die die letzten zwei Jahrzehnte nicht bewältigt haben. 
Belgrads Nachkriegsgeneration hat resigniert. Das Land ist immer noch
weitgehend isoliert. Um das Ausland besuchen zu dürfen, braucht man 
ein Visum. 70 Prozent der jungen Serben waren noch nie in anderen 
Ländern, kennen die Welt nur aus dem Fernsehen.
Jobs finden nur wenige junge Menschen. Viele Firmen gingen nach 
dem Krieg 1999 bankrott, nur wenige ausländische Investoren lassen 
sich in dem maroden Land blicken. Fast die Hälfte der 
Unter-Dreissig-Jährigen ist arbeitslos. Sie jobben in Bars und auf 
Baustellen, sehen einer ungewissen Zukunft entgegen, denken nur an 
heute und nicht an morgen. Politik interessiert sie kaum noch, weil 
sie der alten Funktionäre des Milosevic-Regimes, die dort immer noch 
sitzen, überdrüssig sind. Nur wenige junge Serben wie die Studentin 
Milica engagieren sich für eine Auseinandersetzung mit der eigenen 
Vergangenheit und Reformen im Land.
Dagegen weisen neue radikale Gruppierungen wie die Jugend-Bewegung
"Obraz" vermeintliche Wege in die Zukunft, appellieren an Glauben und
Nationalstolz und treten für ein neues Großserbien ein - gegen einen 
Weg in die Europäische Union. So schwanken viele junge Serben 
zwischen der Hoffnung auf eine goldene Zukunft in der EU und den 
alten nationalen Heilsversprechungen, mit denen sie noch aufgewachsen
sind. Die Zukunft muss warten - für die Nachkriegsgeneration.

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