NPD tiefer verstrickt in kriminelle gewaltbereite Strukturen in: "Report Mainz", 22. November 2011, 21.45 Uhr im Ersten
Mainz (ots)
Der "Thüringer Heimatschutz" (THS), aus der das Terrortrio von Zwickau stammt, war wesentlich enger mit der NPD verknüpft, als bisher in der Öffentlichkeit bekannt ist. Eine erneute Auswertung der gemeinsamen NPD-Verbotsanträge durch Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung ergibt: Im Jahr 2000 waren sieben von zwölf NPD-Vorstandsmitgliedern zugleich Anhänger des THS. Vier der sieben waren außerdem NPD-Kreisvorsitzende.
Der langjährigen Chefredakteur der "Thüringer Allgemeinen" und Kenner der braunen Szene, Sergej Lochthofen, wertet diese Verquickungen zwischen NPD einerseits und THS andererseits als zwei Seiten derselben Medaille. Im Interview mit "Report Mainz" sagt er: "Die personellen Überschneidungen, die wir da immer wieder gesehen haben, deuten daraufhin, dass hier die eine Organisation von der anderen profitiert und miteinander tatsächlich auch versucht wird, die politischen, aber auch die anderen Ziele durchzusetzen."
Auch der erst vor zehn Tagen neu in den NPD-Bundesvorstand gewählte Patrick Wieschke war seinerzeit führend im THS aktiv. Wieschke war im Sommer 2000, also ein Jahr vor Beginn der rechtsextremen Mordserie, an einem Anschlag auf einen türkischen Imbiss in Eisenach beteiligt. Deswegen wurde er 2002 wegen Beihilfe zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion vom Landgericht Mühlhausen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Einer seiner Mittäter von damals ist der ebenfalls verurteilte Danny Pfotenhauer. Heute ist Pfotenhauer der Kreisschatzmeister des NPD-Wartburgkreises.
Auch mit anderen kriminellen und terroristischen Vereinigungen war die NPD stärker verquickt, z. B. mit den Skinheads Sächsische Schweiz (SSS), einer extrem militanten Schlägertruppe. Bei dieser inzwischen verbotenen Vereinigung fand die Polizei außer Gewehren und Pistolen zwei Kilogramm Sprengstoff und eine halbfertige Autobombe. Nach Erkenntnissen des sächsischen Verfassungsschutzes wurde die SSS von NPD-Mitgliedern "aufgebaut".
In einem Schreiben des damaligen Präsidenten der Behörde, Reinhard Boos, vom 29. April 1999 heißt es wörtlich: "So werden auf Initiative von NPD-Mitgliedern seit Ende 1997 im Raum Sächsische Schweiz innerhalb der rechtsextremistischen Skinheadszene feste Strukturen aufgebaut. Die entstandene Organisation trägt den Namen "Skinheads Sächsische Schweiz".
Auch das LKA Sachsen weist in seinem Abschlussbericht 1999 auf die enge Verzahnung hin: "Durch die 'SSS' ... wurde tatkräftig der Wahlkampf der NPD unterstützt. Im Ergebnis der Landtagswahlen vom September 1999 konnte die NPD im Landkreis Sächsische Schweiz einen für ihre Partei großen Wahlerfolg verzeichnen, welchen sie nicht zuletzt der aktiven Unterstützung durch die 'SSS' zu verdanken hat."
Außerdem war nach Recherchen von "Report Mainz" die NPD mit einer weiteren gewaltbereiten Neo-Nazi-Gruppe eng verzahnt - dem "Sturm 34". Die nach einer SA-Schlägertruppe benannte Vereinigung übte über mehrere Jahre brutale Gewalt gegen Ausländer und Linke rund um Mittweida in Sachsen aus. Interne, "Report Mainz" vorliegende Fotos zeigen Mitglieder von "Sturm 34" bewaffnet. Über 25 Prozent des harten Kerns von "Sturm 34" waren NPD-Mitglieder. Das ergibt sich aus Gerichtsakten und Recherchen des ARD-Politikmagazins.
Der NPD-Vorsitzende Holger Apfel hat "Report Mainz" ein Interview zum Thema NPD und Gewalt verweigert. Fast ein Drittel (8 von 22) des vor zehn Tagen neugewählten stimmberechtigten NPD-Bundesvorstandes ist strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten. Urteile ergingen u. a. wegen Beihilfe zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, Betruges, Körperverletzung, Nötigung, Sachbeschädigung, Volksverhetzung und zahlreicher Propagandadelikte. Sechs Verurteilungen sind rechtskräftig.
Weitere Informationen finden Sie auf der Internet-Seite www.swr.de/report.
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